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Tagebuch Offenbarung eines Paladins

#1
Z3 Minecraft 
[Bild: Franz_Tagebuch.png]

*Franz liegt, noch verwundet von dem Schusswechsel mit Haytham Beauperie in der Garnison, in seinem Doppelbett. Wieder einmal schämt er sich dafür, dass er nutzlos faulenzt während seine Ordensbrüder hart arbeiten müssen.. Zu irgendeinem Zeitpunkt kommt Abtpräses Dysmas Friedmann auf ihn zu. Er erkundigt sich über seinen physischen, aber auch geistigen Zustand.. ziemlich schwer, wenn man ein Schweigegelübde abgelegt hat! Da drückt der friedvolle Solaner Abtpräses dem höchst aufbrausenden Paladin ein ledergebundenes Buch in die Hand, dazu Tinte und Feder. Mit einer kurzen Einführung darüber, wie man schonend mit dem Papier umgeht, überlässt er Franz wieder sich selbst..*


(( OOC-Bemerkung: Das, was hier im Forum geschrieben steht, kann über ein Buch im Rollenspiel gelesen werden. Es steht 1 zu 1 haargenau das, was hier im Thread steht, genauso in diesem Buch. Heißt, das Buch ist im Rollenspiel auch nur so weit wie es hier im Forum ist. ))


Vorwort

Öh.. ja.. Hallo. Ich bin Paladin Franz, und mein Nachname ist Gerber. Ich bin.. irgendwas über 50 Jahre alt und schon seit mindestens 30 Jahren auf der Insel, sogar noch länger im Solaner Orden. Mir wurde gesagt, ich soll immer mal wieder, wenn ich dazu gezwungen bin nichts zu tun, all meine Erlebnisse, von klein auf, niederschreiben. Ja.. ich denke, das dient hauptsächlich als Leitfaden für all meine Ordensbrüder, sollten sie in Zeiten der Not nicht wissen, wie sie handeln sollen. Dann natürlich so handeln, wie ich es getan habe! Aber gut, die Jungspunde von Heute brauchen ja für alles ne Anleitung. Ich musste immer alles selbst herausfinden, deshalb bin ich auch so geworden, wie ich Heute bin! Aber nicht nur das.. der Abt Dysmas Friedmann meint, das soll wohl auch eine Art "therapeutische Wirkung" haben. Ich würde Heute nochmal die Chance haben, über all meine Erlebnisse zu reflektieren.. auch wenn er meint, das würde helfen, meine fortschreitende Demenz und die Wutausbrüche im Zaum zu halten, kann ich irgendwie nicht ganz daran glauben! Aber fein.. jetzt, wo meine Stimme erloschen ist, habe ich wenig Möglichkeiten mich mitzuteilen und meine Sicht der Dinge zu vertreten. Viele wirken immer so.. verwirrt.. und überrascht, wenn ich großmäuligen Frevlern volles Pfund aufs Maul haue oder mich freiwillig einem riesigen Schweinebärmann entgegenstürze. Auch dafür soll dieses.. Buch meiner Erlebnisse.. da sein. Hoffentlich könnt ihr Zukunftsträger des Orden viel aus meinen Erlebnissen lernen und verstehen, was es wirklich bedeutet, ein Ordensritter zu sein.

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Kindheit und Jugend, 1294 - 1314

Rückblickend.. war meine Kindheit wohl die schönste Zeit, die ich in meinem Leben hatte. Ich kann wohl von Glück sprechen, in einem Gebiet aufgewachsen zu sein, dass von Krieg, Hunger und Elend verschont blieb. Silberlauf, liegend im Herzland von Tasperin.. anders als die meisten Kinder in meinem Heimatdörfchen habe ich mich nie über meine Herkunft definiert. Was heißt es schon, Tasperiner zu sein? Etwas, was ich bis Heute nicht verstehen kann, diese glorifizierten Rufe wie: "Für Kaiser und Vaterland!", die die Gardisten Heute so von sich geben. Vielleicht liegt es daran, dass ich ein Bauernkind bin, und kein Stadtkind oder Sohn eines Wachmannes. Wenn es etwas gibt, dass für mich zum überleben notwendig ist, dann eine Person oder eine Gruppierung, die ich bis aufs Blut beschützen möchte. Und das war damals mein jüngerer Bruder, Werner. Ein großer Appetit und die schweren Knochen stießen auf Unverständnis der anderen Kinder. Oft kam ich mit blutender Nase und aufgeriebenen Knöcheln nach Hause, nur um von meinem Vater nochmal verdroschen zu werden, weil ich mich unvernünftig verhalten habe. Und wie stur ich war, nicht einsehend, weshalb nie für uns Partei ergriffen wurde. Was hat mein Vater, Horst, denn erwartet? Dass ich zusehe, wie sie Werner verarschen und ihn zum weinen bringen? Ganz Leändrien würde ich herausfordern, nur um sein unschuldiges Grinsen zu wahren! Da hat sich bis Heute nichts daran geändert!

Seltsamerweise jedoch.. war ich nie besonders fromm. Ich glaubte an den Herren, den Propheten Jakobus, natürlich. Nette, übermächtige Helden, die unsere Felder fruchtbar machen und die bösen Monster unter meinem Bett verschwinden ließen. Sie hatten etwas.. unerreichbares an sich, sodass es sich gar nicht lohnen würde, sie groß anzuhimmeln. Deshalb verstehe ich bis Heute nicht, warum ausgerechnet ich eines Tages den Waffenrock anlege und im Namen Deyn Cadors Blut und Tränen vergieße. In Silberlauf gab es eine kleine Niederlassung des Solaner Orden. Sie bestanden aus einem Priester und drei Waffenbrüder, fast schon überschaubar. Im Grunde repräsentierten sie nichts, wofür der Orden eigentlich steht.. sie hielten Messen, mischten sich nicht groß in die Belange des Pöbel ein und waren nicht mehr als.. seelenlose Gesichter. Oder liegt das nur daran, dass meine Erinnerung mich trübt? Wenn ich darüber nachdenke, beginnt mein Kopf zu schmerzen.. dieser Solaner Priester.. und Werner.. mein Beitritt zum Orden..? Ich weiß nur, dass es passiert ist.. aber nicht, was genau passiert ist..

Mit 14 Jahren dann war es soweit. Ich wurde in einen schwarzen Anzug mit Doppelkreuz gesteckt, der aussieht wie ein Strampelanzug für die Bettruhe. Noch Heute erinnere ich mich an die Tränen von Helga, meiner Mutter. Wie ich mich gefreut habe.. endlich würde ich etwas richtiges tun. Etwas, worauf meine Mutter stolz sein kann, mein Vater, und mein Bruder Werner! Endlich könnte ich für all das Gute und Rechte in der Welt einstehen! Und wenn es heißt, dafür all die Freuden im Leben aufzugeben, war es die Erfüllung dennoch wert, ein Held sein zu können. Alle sahen mich an, mit großen Augen.. so, als würde ich eines Tages ganz großes vollbringen. Komisch.. mehr als 30 Jahre später realisiere ich nun, dass meine Mutter nicht vor Freude, sondern vor Trauer weinte. Und all die Dörfler sahen mich mit großen Augen an, weil sie wussten, ich würde nicht mehr zurückkommen. Sie fürchteten, ich würde in einem Kreuzzug gegen Haldar verheizt werden und wenn ich Glück hätte, würden sie meinen Körper finden und begraben können. Ich frage mich, wie sie reagieren würden, wenn sie erfahren würden, was der Herr für mich vorgesehen hat. Nur 6 Jahre blieb ich noch, bis ich zum Ordensritter geschlagen wurde. Die Ausbildung an sich jedoch war ein Witz.. ich durfte ein wenig mit dem Holzschwert schlagen, wurde von den Waffenbrüdern Silberlauf's verprügelt und gelehrt, wie man sich möglichst schnell besäuft, um den langweiligen Tag erträglicher zu machen. Und dann waren sie noch so dreist, mir einzureden, ich wäre bereit für einen echten Kampf! Elendig verreckt wär ich dabei!

Und dann, als ich 20 wurde, trudelte er ein. Der Brief, der entschied, wie mein Leben nun weitergehen würde. Mir wurde klar, dass ich, sobald ich Ordensritter werden würde, verlegt werde. Die hohen Komturen aus Zandig, die mich kein Einziges mal auch nur gesehen haben, entschieden über mich. Ob sie mich in den sicheren Tod schicken, in ein friedvolles Hinterland, weit weg von Krieg und Magie oder in ein Gebiet, wo der Herr verachtet wird und die missgünstigen Blicke der heidnischen Bevölkerung einen erdrücken. Ich habe keine Ahnung, ob ich alles noch einmal so machen würde. Rückblickend.. hat Neu Corethon meinen Geist in Scherben zerbrochen, meine Knochen zertrümmert und mein Fleisch versengt, und mich dennoch immer wieder zurück auf die Beine geworfen, meine Wunden geheilt und meinen Geist mit Arroganz, Pflicht- und Mitgefühl als auch mit Wut, Hass und Rache gefüttert, damit Verstand und Körper noch eine Runde durch den Fleischwolf überstehen können. Ich wurde geformt, geschmiedet zu einer Waffe des Herren, um auch nur den Hauch einer Chance gegen das Übel Skrettjah's zu haben.

Eine Kolonie Tasperins, in den Unbekannten Landen. Das war das Ziel, dort würde ich wohl mein ganzes Leben verbringen, solange die Komturen nicht anders entscheiden. Und nach dem heutigen Stand, werde ich hier bleiben, bis an mein Lebensende. Aber das liegt nicht in der Macht der Komturen. Das steht fest, daran kann man nichts ändern. Ich kann nur hier existieren. Ich werde hier sterben. So wurde über mich entschieden.

*Erschöpft schließt Franz das Buch langsam und legt die Feder nieder. Es herrscht Totenstille in der Priorei, Amelie, Jule, Salvyro und Friedrich sind auf einem Wachgang, Der Komtur und der Abtpräses durchforsten die alten Dokumente im Prioreisturm, Pater Aegidius bereitet die nächste Messe vor und der Prior kümmert sich um seinen Garten. Nachdem Franz seine Schreibutensilien auf das Nachtkästchen neben sich legt, vergräbt er den Topfhelm in seinem Kissen und verschläft einen warmen, sonnigen Nachmittag.
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#2
*Dieses Mal liegt Franz nicht in der Priorei, als man ihn dazu zwingt, im Bett zu bleiben, und dieses Mal ist er auch nicht alleine. Umgeben von seinen Ordensbrüdern Friedrich, Jule und Salvyro rasten sie in den Krankenbetten der Heilstube des Orden. Der Rücken brennt und sticht, der Schmerz der Peitschenhiebe hat sich bis in die Eingeweide, wie kleine Nadelstiche, reingegraben. Diese Nacht hat Franz keinen Schlaf gefunden, und als er sieht, dass der Rest ruhig vor sich hin schlummert, erhebt er sich leise, zündet eine Kerze an und zückt sein Erlebnisbuch hervor, das ihm der Abtpräses freundlicherweise auf das Nachtkästchen gelegt hat..*

Vorwort

So, Heute schreibe ich meinen zweiten Eintrag.. wahrscheinlich ist es das Kapitel, das ich am wenigsten behandeln kann. So sehr ich mich auch schäme, aber.. das war die Zeit meines Lebens, die komplett vergeudet war. Ich kann mich weder groß daran erinnern, noch möchte ich es. Ausnahmsweise danke ich meinem schwindenden Verstand dafür, mich diese Jahre voll Scham und Feigheit vergessen zu lassen.. dennoch muss ich sie erwähnen. Es wäre nicht gerecht, nur all die Erlebnisse nieder zu schreiben, die mich als furchtloser Held dastehen lassen.

Die letzten Tage waren eine echte Probe für uns Solaner auf Neu Corethon. Eine Ungerechtigkeit nach der Anderen brach über uns herein, von Gefängnisaufenthalten, bis Mord des Anwalts, der uns verteidigte. Wir wurden ausgepeitscht und verachtet, von gotteslästerlichen Narren, die nicht erkennen, was sie da tun. Die nicht wissen, dass es Deyn Cador und seine Jünger sind, die sie gegen den lauernden Schatten verteidigen, der sich Skrettjah nennt.. Auch wenn ich zu schwach um es zu schaffen, müssen wir trotzdem darüber stehen. Wir tragen den Willen des Herren auf unseren Schultern, den Willen, das Gute auf diese Insel zu bringen und ihn zu wahren, den Willen, die schädliche Magie von den Bürgern fernzuhalten. Das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, egal, was kommen mag.

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Ankunft und die ersten Jahre auf Neu Corethon, 1314 - 1326: Teil I.

25 Jahre.. 25 Jahre, in denen ich all die Geschehnisse an mir habe vorbei ziehen lassen, ohne aktiv einzugreifen, Initiative zu zeigen oder einmal meinen Pflichten als Solaner nachzukommen. Aus meinem feurigen Willen, mich für Güte, Frömmigkeit und Nächstenliebe einzusetzen, wurde einfältige Feigheit. Es fing schon damals an.. mit der Hochzeit von Liam von Mainruth und dieser.. Caya Sophia von Bregsborg. Ein schrecklicher Fluch legte sich über diese Insel. Das einzige, woran ich mich erinnere, ist dass die Toten sich aus der Erde gruben und über die Stadt herfielen. Wir waren völlig unbereitet, und sie hatten es auf die Priorei abgesehen.. wir flüchteten das Gotteshaus, und die Untoten machten sich dort breit und entweihten den Boden. Ja.. wir Solaner Ordensritter und silvanischen Priester waren da, der Herr aber war weit fort. Irgendwann konnten wir sie zurückschlagen, aber diese klaffende Leere in mir blieb. Diese Verzweiflung, dass man mich hierher verbannt hatte, um den Herren zu vertreten. Das hier war keine friedliche Missionierung, das war schlimmer als jedes Blutbad, das in Kriegen veranstaltet wurde! Zandig hat mich bewusst in den Tod geschickt!

Die Wache und die Paladine sicherten die Stadtgrenzen halbwegs, auch wenn noch keine Mauer stand, um die ruhelosen Seelen aus der Stadt zu halten. Aber.. wir waren nicht völlig hilflos. Am Tag, solange die heilige Sonne gnadenlos herab schien, ließ Solerben sämtliche Untote in seinem heiligen Licht vergehen. Das alleine genügte mir aber nicht.. ich verschanzte mich auf dem Prioreisberg, stand wachend vor dem Eingang zur Priorei. Jedes Mal machte sich Furcht in mir breit, sobald die Sonne sich dem Horizont näherte.. und häufig war ich es, der einen verirrten Untoten erlegte, der sich in die Nähe der Kirche verirrt hatte. Sie waren keine herausfordernde Gegner, vor allem da sie oft alleine kamen.. aber es waren diese Situationen, in denen ich lernte, wie man mit Anderthalbhänder und Rundschild umgeht.

Einen Großteil meiner 25 Jahre habe ich vor der Türe der Priorei verbracht. Die Mühe, mich mit Bürgern oder anderen Ordensbrüdern anzufreunden, habe ich nicht gemacht. Ich sah sie in den Jahren umfallen wie die Fliegen, und daher war ich nicht gewillt, sie mir ans Herz wachsen zu lassen, wenn sie sowieso von Untoten zerfetzt werden.. Und wie sie gestorben sind, einer nach dem Anderen. Die erste Priorin des Orden, Leticia Campillo. Ein Piratenangriff auf die Insel hat ihr Schicksal und auch das vieler Einwohner besiedelt. Die Taverne stand in Flammen, ist krachend zusammengebrochen und hat die herzensgute Priesterin gnadenlos erschlagen. Lediglich ihren zierlichen Leichnam konnte man aus den Trümmern noch bergen.. Die Piraten hinterließen nach ihrem Angriff eine Schatzkarte, und die Bewohner der Insel folgten ihr gierig. Nachdem die Piraten erneut bekämpft wurden, fanden sie den Schatz schließlich.. und öffneten ihn, vor den Augen der gesamten Bevölkerung. Es schoß pechschwarze Dunkelheit herraus, höllische Kreaturen, ein Teil Skrettjahs persönlich, der sich über uns ergoß.. der damalige Prior Helfenstein konnte durch eine Anrufung Deyn Cadors die Kiste wieder verschließen, aber das Massaker war bereits geschehen. 

Einer der Nächsten Jünger Deyns, die vor das Gericht Renbolds gestellt wurden war der rücksichtslose, grausame Inquisitor Nero aus Tasperin. Er kam auf die Insel, da er davon hörte, wie Magier hier Unterschlupft suchten und sich vor ihrem Urteil versteckten. Meine Ordensbrüder fügten sich seiner aggressiven und rücksichtslosen Politik gegenüber Ungläubigen und Magier, selbstverständlich hießen wir das gut. Aber es hatte ein Ende, als Nero begann, eine Folterkammer unterhalb der Priorei zu errichten und unschuldige, fromme Bürger für Vergehen zu foltern, die sie nie begangen haben.  In einem blutigen Straßenkampf wurden viele von Neros Paladinen niedergeschlagen, der Inquisitor selbst aber wurde von Prior Helfenstein in die Folterkammer verschleppt. Helfenstein war.. nicht bei Sinnen, Skrettjah wohnte in ihm und er vergriff sich an ihm, folterte ihn bis an die Grenze des Todes. Der damalige, selbst überaus schändliche oberste Paladin Kylar, der sein Zölibat gebrochen und einfach geheiratet hat, stellte Helfenstein in dieser Kammer.. es eskalierte, der Dämon in Helfenstein attackierte Kylar mit einem riesigen Feuerball.. schlussendlich endete es darin, das Nero in den Trümmern starb, die Priorei auf die Grundfesten niederbrannte und Helfenstein wieder zur Gesinnung kam.

Dann aber.. kam er auf die Insel. Der Priester, der bald die Geschicke des Orden lenken wird, sie durch die schwersten Zeiten führen und dennoch sein gutmütiges Lächeln auf den Lippen nicht verlieren wird. Er war all das, was ich nicht sein konnte: Standhaft, mutig, gütig. Mit der Zeit lernte er mich kennen, und dennoch verurteilte er mich nie für mein Verhalten. Stattdessen setzte er sich für den Wiederaufbau der Priorei ein, griff dem schwächelnden Prior Helfenstein unter die Arme und tat alles nötige, um diese Insel besser vor kommenden Schrecken zu wahren. Ich danke Deyn jeden Tag dafür, das er diesen wunderbaren Menschen nach Neu Corethon geschickt hat..

Auch wenn ich ihn Anfangs nicht wahrgenommen oder geschätzt habe, ist er auch Heute noch der wichtigste Mensch in meinem Leben. Ohne ihn wäre ich nichts, ein Wrack, unfähig auch nur die kleinste Tat für die Gemeinde zu verbringen. Mit jeder Faser meines Körpers möchte ich ihm zeigen, wie sehr ich mich geändert habe. Wie furchtlos ich Heute der Dämonenschar Skrettjahs entgegenblicke! Ich kann mich und andere verteidigen, Raphael, Solerben gab mir die Kraft, diese Jahre wiedergutzumachen!  Es geht noch weiter.. das ist nicht alles. Langsam werden meine Erinnerungen lebhafter, ich kann mehr aufnehmen, ab dem Punkt von Raphael angekommen ist. Ich werde den nächsten Eintrag auch noch den Jahren vor meiner Erleuchtung widmen.. vielleicht hat Abt Friedmann doch damit recht, dass dieses Buch meiner Demenz entgegenwirkt.

*Franz saß noch eine Weile aufrecht da, bevor er das Buch schloss, dass er in den Händen hatte. Er blickte um sich und betrachtete den Rest, wie sie friedlich lagen und rasteten. Plötzlich überfiel ihn ein Gefühl der Scham, als die anderen seine Kräfte sammelten und er in ein Buch hineinkritzelte. Entschlossen legte er das Buch zurück auf den Nachttisch und fand relativ rasch einen erlösenden, ruhigen Schlaf..*
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#3
*In seiner neu errichteten Stube versucht Franz, es sich in seinem Bett gemütlich zu machen. Er hatte jetzt ein ganzes Zimmer für sich, aber irgendwie musste er sich erst daran gewöhnen. Jahrzehnte lang schlief er direkt neben seinen Ordensbrüdern, jetzt wirken sie so weit entfernt. Er fragt sich, ob er wohl der Einzige ist, der mit dieser Privatsphäre nicht zurecht kommt.. Irgendwann verliert er sich in Gedanken, in Erinnerungen. Diese raren Momente nützt Franz sogleich, indem er seine Memoiren zur Hand nimmt und einen neuen Eintrag verfasst. Das wird eine lange Nacht für ihn..*

Vorwort

Mein dritter Eintrag, mit dem ich das Kapitel meiner.. ersten Jahre auf Neu-Corethon abschließen möchte. Die wirre Zeit, an die ich mich nur so schwer erinnern kann.. ich frage mich ja, wie ich darauf reagieren werde, wenn mein Erinnerungsvermögen gänzlich schwindet. Glaube ich das, was ich lese? Würde ich mich gar selbst als Lügner bezeichnen, für das, was ich da aufschreibe?  Oder wirkt es als rettender Anker, um mich in das "Jetzt" - zurückzuholen? Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem ich mich nicht einmal mehr selbst wiedererkennen kann.. was nützen mir da all die Siege und Erfolge, wenn ich sie selbst nicht anerkenne? Solange ich schreibe, kann ich der Wirrheit entgegenwirken. Leider ist es nicht hilfreich, dass ich mich schwer bis gar nicht mehr ausdrücken kann.. doch ich sehe, dass die Jüngeren langsam beginnen, Verantwortung zu übernehmen und selbstständig zu arbeiten. Vielleicht brauchen sie mich bald schon nicht mehr, und der Gedanke beruhigt mich ungemein.
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Ankunft und die ersten Jahre auf Neu Corethon, 1326 - 1339: Teil II.

Die Zeiten, die nun anbrachen, waren leider nicht viel leichter. Der Kirchenorden auf Neu Corethon hatte schon viel überstanden, hatte aber noch viel mehr vor sich, das er erst überleben musste. Ich erinnere mich noch an diesen Medikus und Forscher.. Wolfgang Eulenstein sein Name, ehrgeizig und ein guter Freund von Raphael. Leider eines Tages von einem wahnsinnigen Magier erschossen worden, als er auf die Kylar Kinder, die Bastarde, aufpasste. Er führte diese Expeditionen mit dem Luftschiff an, einer frevlerischen Erfindung der tasperiner Magier. Da fanden wir in einer uralten Bibliothek der Bororo schon den ersten Hinweis, für das, was der Schwarzmagier Danal für uns in Petto hatte: Eine Armee an Untoten, die die Stadt überrannt hat. Tagelang kämpften wir in der Garnison um das nackte überleben.. bis der Herr, Deyn Cador persönlich, eingriff, uns mit neuer Stärke erfüllte und uns zu dem Belagerungslager Danals vor den Stadtmauern führte, wo wir ihn mit mit göttlicher Kraft vertreiben konnten. Damals zweifelte man noch nicht an der Herrlichkeit des Herren und an dem Wohlwollen seiner Anhänger, und damals war die Magie auch immer der erklärte Feind. Selbstverständlich, da der Schwarzmagier Danal Voskat, zuerst ein einfacher Alchemiker unter dem ersten Gouverneur von Mainruth war, bis er mit magischen Experimenten langsam den Wahnsinn verfiel und schließlich sein Fleisch abgeworfen hat, um ein Untoter unter Skrettjah zu werden.

Lange erholen ließ er uns jedoch nicht.. er heckte schon den nächsten Plan aus, um uns alle auszurotten. Er infizierte den damaligen Schwarzmagier, Nox Kortem, mit einem Parasiten, der die Kontrolle über seinen Wirten übernahm. Dieser kam, verletzt und desorientiert, der Garnison in die Arme gelaufen und ließ sich widerstandslos festnehmen. Aber noch bevor die Gardisten sich über diesen Erfolg freuen konnten, standen sie selbst unter dem Einfluss des Mutterparasiten und breiteten ihren Einfluss, Stück für Stück, aus. Sie stopften sich Berge an Zucker in den Rachen und verschanzten sich in der Garnison mit sämtlichem Laub, das man in der Stadt nur finden konnte. Fast war die ganze Bevölkerung unter Kontrolle dieses Geschöpfes, welches sich in die Nacken ihrer Opfer verbiss, doch mit Hilfe der Heiden im Urwald konnten einige Unbeeinflusste bis zum Mutterparasiten vordringen, um ihn mit einer altertümlichen Fackel den Gar aus zu machen. Der große Plan des Mutterparasiten war es wohl, ein Nest zu bauen, das groß genug für eine Umwandlung des Geschöpfes wäre, sodass es gar den Ozean überqueren und ganz Leändrien befallen könnte.. Mit Nox Kortem verstarb auch diese Kreatur Skrettjahs, und alle untergeordneten Parasiten starben als Folge. Die Bürger erwachten von selbst wieder aus ihrer Trance, die Meisten unter Zuckerschock und Verwirrung. Gerüchten zufolge hätte Nox sich in einem Moment der Klarheit selbst von dem Luftschiff in die Fluten gestürzt, entweder um sein Leiden zu beenden oder Buße für seine vergangenen Sünden zu tun. Ich selber kann das schwer glauben, da Schwarzmagier selten so selbstlos handeln, wiederum aber könnte vielleicht diese Fackel ihn kurz von dem Einfluss Skrettjahs befreit haben..? Was es auch war, jetzt schmort er in der Hölle für seine Sünden.

Auch erinnere ich mich.. an einen mir leider sehr schleierhaft in Erinnerung gebliebenen Vorfall. An einen stürmischen Abend und ein sorridianisches Schiff, dass gegen unsere Küsten geknallt ist. An einen Großkomtur aus Sorridia, der durch Deyns Gnade vor dem Tod gerettet werden konnte.. und an das, was er an Bord hatte. Eine kaputte Vase, mit Zeremoniewerkzeug darin. Wir nahmen ihn bei uns auf, gewährtem ihm Obdach, bis ein Schiff kommen würde, welches ihn zurück nach Sorridia bringen konnte.  Seltsamerweise jedoch.. legte sich eine beunruhigende Stille und Dunkelheit über das Dorf. Sämtliche wunderbaren Gärten und Wälder begannen, wie von der Lebenskraft beraubt, einzugehen; Kerzen, Fackeln und Öllampen erloschen still und heimlich ohne jegliche Erklärung. Es dauerte nicht lange, bis der Großkomtur erklärte, dass ein Dämon hier am Werke sein muss. Ob das wohl etwas mit seiner Ankunft zu tun hatte..? Im Nachhinein frage ich mich, wieso der sorridianische Klerus überhaupt hier war.. ich bete zu Deyn, dass dieser Mann uns nicht angelogen hat. Unsere Befürchtungen bestätigten sich leider: Und der Großkomtur wusste auch, was zu tun war. Wir müssten ein Gefäß herstellen, dass in der Lage war, einen Dämon Skrettjahs zu halten. Die Mittel dazu hatten wir nicht, und deswegen waren wir erneut darauf angewiesen, die Ureinwohner um Hilfe zu bitten: Ihr ketzerischer Feuergott, Kalay, stellte uns ein Gefäß zu Verfügung, das stark genug wäre, um den Dämon zu halten. So konfrontierten wir den Dämon in einem gewaltigen Gefecht:  Ein Engel Deyn Cadors erhob sich von dem Siegel im Norden der Insel, mit goldener Rüstung und flammendem Schwert, um den Kampf direkt zu dem Wesen zu tragen. Die Erde bebte, der Himmel krachte und donnerte, es fühlte sich an, als wäre dies das letzte Gefecht auf Athalon; der Untergang unserer Welt. Der Großkomtur nutzte die Hitze des Kampfes, und nutzte das Gefäß um den Dämon einzusperren; an diesem Abend opferte er sein eigenes Leben, um dem Diener Skrettjahs Einhalt zu gebieten. Seitdem schlummerte das Gefäß in der alten Folterkammer Neros, tief unter der Priorei auf heiligem Boden, um das Böse für immer zu bewahren.

Wir durfte nur eine Weile lang durchatmen, denn ein alter Erzfeind erhob sich wiedereinmal, um seinen Feldzug gegen uns zu beenden: Danal, und dieses Mal richtig. Er startete eine Großoffensive mittels seiner magischen Kräfte und Untoten, und trieb erneut alle Bürger in die Garnison. Während wir machtlos eingesperrt waren, sahen wir, hinter was Danal wirklich her war: Im Himmel formte sich ein dunkler, mechanischer Ring, der bedrohlich über der Garnison schwebte. Er ließ den Boden unter der Garnison wackeln.. und beben.. und hilflos sahen wir zu, wie sich ein riesiger, dunkler Splitter krachend unter dem Burgfried vorhob: Ein Fragment Skrettjahs, eine der vielen Scherben, die zurückgeblieben sind, als Deyn Cador Skrettjah höchstpersönlich noch vor der Erschaffung der Menschheit zerschlug! Leider.. kann ich im Nachhinein nicht davon berichten, dass wir Danal in letzter Sekunde davon abhalten konnten, sich die Macht des Splitters zu nutze zu machen. Nein.. er schaffte es. Der mechanische Ring fixierte den Splitter, mit Danal in der Mitte. Er absorbierte sämtliche Macht.. doch das Chaos Skrettjahs übermannte sogar ihn. Verzweifelt versuchte er, über sie Herr zu werden, doch ein Mensch bleibt ein Mensch. Nur Narren glauben, sie könnten so mächtig wie eine Gottheit werden.. und deshalb sind auch alle Schwarzwasser-Magier Narren. Denken sie wirklich, sie könnten sich mit ihrer eigenen, arkanen Magie eines Tages gegen Deyn Cador oder Skrettjah behaupten? Der Gedanke alleine bringt mich zum lachen, sie sind verdammt, von der Magie benutzt zu werden, nicht umgekehrt. Das realisierte Danal genauso, als er in den tiefsten Höllenschlund Skrettjahs gezogen wurde, kreischend, bettelnd.. nicht ER hatte an diesem Abend gewonnen, SKRETTJAH hat es. Eine Scherbe mehr in seiner Macht, um zu ursprünglicher Stärke zurückzukehren.. Eine abscheuliche, riesige, pechschwarze Skelettkreatur schaffte es für einen kurzen Moment, als das Tor zur Hölle offen stand, zu entfleuchen. Krachend fiel es auf den Burghof, und es richtete sich langsam auf, als sich der Ring am Himmel auflöste und der Splitter samt Danal verschwand. Es folgte ein Kampf gegen die Kreatur, Gardisten und Prior vorran, und mithilfe von Kanonenfeuer und heiligen Flammen konnte auch dieses erlegt werden.

Nichts kann die zermürbende Depression beschreiben, die über unseren kleinen Orden gefallen ist nach dieser Nacht. So viele Ordensritter und Priester sind in den vergangenen Monaten gefallen, dass der Orden an sich kurz vor der Auslöschung stand. Übrig geblieben, von all den Helden, sind nur Raphael.. und ich. Wir mussten unsere Ordensbrüder zu Grabe tragen.. und auch wenn Raphael hoffnungsvoll in die Zukunft schaute, bereitete ich mich auf meinen eigenen Tod vor. So lange hätte ich ihn hinausgezögert.. doch jetzt konnte ich mich hinter niemandem mehr verstecken. Ich war der letzte Paladin des Solaner Orden auf Neu Corethon, und damit zum Protektor ernannt worden. Aber.. es blieb nicht so. Wäre es so geblieben, wäre ich seit Jahren bereits im Grab und würde Heute nicht dieses Tagebuch schreiben. Etwas hat sich geändert.. und das war ich.

Ich starrte eines Tages, am Kap der Zweisamkeit, zur grausam scheinenden Sonne hinauf. Und ich fragte mich.. wie kann es sein, dass die Sonne, obwohl sie jeden Tag im Meer versank und dadurch eigentlich gelöscht werden sollte, dennoch jeden Tag wieder auferstehen? Diese Frage.. wurde mir beantwortet. Ich fühlte etwas in mich eindringen, es brannte schrecklich, so dermaßen schrecklich, versengte meine Scham, meine Schüchternheit, mein Zögern.. und füllte mich mit brennender Wut, Stolz und Tatendrang. Ich schrie auf, zuerst erbärmlich und winselnd, doch dann manisch selbstsicher. Der Geist Sôlerbens fuhr in mich, Ordensbrüder! Und das ist keine Häresie, die ich hier verbreite, nein, er war es wirklich! Und seit dem Tage an brennt etwas in mir, ein Leuchtfeuer der Vergeltung, um Rache zu nehmen an der Schrecklichkeit Skrettjahs! Vergeltung dafür, was dieser Insel und ihren Bewohnern angetan wurde, und Buße für all die Zeit, die ich mit Nichtstun vergedeutet hatte! Es fühlte sich an, als hätte mir jemand Form und Geist gegeben, als würde ein fremder Wille in mich fahren, der es mir erlaubt, meine tiefsten Wünsche in die Realität umzusetzen. Ich sah die Stadt aus einem komplett anderen Blickwinkel: Die Schwarzmagie ist nicht mehr dazu da, um die Schöpfung zu stören, sondern von der Schöpfung selbst ausgelöscht zu werden! Man muss die Zügel selbst in die Hand nehmen, um eine Chance gegen die schwarze Ziege zu haben! Und oh, war mein Erstreben von Erfolg gekrönt! Die Erzdämonen selbst fürchten meinen Namen, wenn sie ihn hören, und sie wissen haargenau, dass Neu Corethon jetzt unter MEINEM Schutz steht! Oft genug habe ich sie zurück in die Hölle geschickt, dass sie sich nicht einmal mehr heraus trauen! Warum sonst sollte stehts ein anderer Erzdämon sein Glück hier versuchen? Bis jetzt hat mich noch keiner in die Knie zwingen können!

Ja.. auch wenn ich Heute nicht mehr so euphorisch an die Sache herangehe, hat sich an dieser Einstellung nichts geändert. Die nächsten Einträge werden detaillierter, da ich von denen dann auch aus persönlicher Erfahrung sprechen kann. Das heißt.. ich habe definitiv noch sehr viel, das ich niederschreiben muss, damit bloß nichts von meiner Erfahrung verloren geht. Ich hoffe, noch so lange gesund zu bleiben, dass ich meine Memoiren vervollständigen kann.. wir werden sehen, was Deyn Cador mit uns allen vor hat.

*Er schloss das Buch und warf einen Blick aus dem Fenster. Die ersten Sonnenstrahlen? Bei Deyn, wie lang hat er denn nur geschrieben?
Schnell verstaute er das Buch unter dem Kopfpolster und versuchte,noch einige Stunden Schlaf zu finden, bevor zum Morgengebet gerufen wird. Jetzt, wo er versucht einzuschlafen, scheint die absolute Stille, die er durch sein eigenes Zimmer hat, doch ganz passend zu sein..*
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#4
*Eine angenehm frische Meeresbrise weht über den Kap der Zweisamkeit. Franz sitzt gedankenversunken auf der alten Eichenbank, die bei Beanspruchung ein ikonisches Knarrgeräusch von sich gibt, welches Bände über den Zustand spricht. Der alte Ordensritter bereitet sich mental auf die kommenden Wochen vor. Es wird vermutlich der erste und der letzte "wahre" Kreuzzug sein, den Franz führen wird, der nicht sein eigener ist. Bevor er und seine Glaubensbrüder jedoch aufbrechen, möchte Franz noch einige Einträge schreiben, denn nur Deyn weiß, ob sie alle nach Neu-Corethon zurückkehren werden.. *

Vorwort

Dieser Eintrag wird sich dem Beginn meines Rachefeldzuges gegen die Erzdämonen höchstpersönlich widmen. Viele Jahre sind in das Land gegangen, doch sollen die Geschehnisse niemals vergessen werden. Sicherlich werden die Kultisten des lebenden Gottes in Szemäa ein leichtes für uns sein, wo wir doch schon ganz andere Übel überstanden haben. Die Herrin der Wilden Jagd, Finthela, welche für Eiseskälte, Gnadenlosigkeit und Verfolgung steht, war die erste Unheilsbringerin, die durch die meine Hand und die meiner Ordensbrüder und Schwester zurückgeschlagen wurde.

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Der Frostreiter - Wolfsmond 1342

Alles begann, wie viele wundersame Dinge, mit Raphael Bonnington. Dort stand er, in der Kirche, seltsam ergraut und mit einer Narbe am Hals. Und dort kniete ich, ehrfürchtig, ungläubig und eingeschüchtert. Drei Tage hatte Raphael in der Kirche verbracht. Eingebettet in einem Sarg, so friedlich, so unantastbar. Und auch ich hatte drei Tage in dieser Kirche verbracht, vor dem Altar stehend, ohne Speis und Trunk zu mir zu nehmen, ausgemergelt, gepeinigt durch die erdrückende Schuld, die Mitschuld an seinem Ableben. Seine Zeit aber war noch nicht vorbei.. diese heilige Pflicht teile ich mit ihm. Raphael fuhr erneut auf Athalon herab, um den Herren zu dienen. Er verzieh mir zwar meine Sünde, doch konnte er sie nicht von mir nehmen.. die Buße würde ich dafür schon in Bälde tun. Der Herr legte ihm eine Schweigepflicht auf, doch hinderte dies Raphael nicht daran, weiterhin in seinem Dienste zu stehen und sein menschenmöglichstes zu tun, Neu-Corethon vor sämtlichen Gefahren zu schützen. Und diese Dienste wurden auch benötigt, denn, wie schon so oft auf Neu-Corethon, schlug das Klima urplötzlich um. Die warmen Winde erkälteten sich in eiskalte Böhen, aus dem prasselnden Regen wurde ein seicht-sanfter Schneefall, und aus den reißerischen Bächen wurden glatte Skulpturen. Es legte sich eine beunruhigende Stille über Neu-Corethon, und mit ihr der Hauch des Bösen, der auf meinen Magen schlug. In diesem Moment wurde ich nur darin bestätigt, dass der Götterplan allumfassend ist.. dass Raphael genau zu diesem Zeitpunkt zurückkam, konnte niemals Zufall sein!

Dieser Winter aber, der Hand in Hand mit der Hungersnot auf der Insel ging, war anders. Späher berichteten, dass es nördlich der Insel definitiv wärmer wurde, und an der Grenze zu den Ureinwohnern überhaupt kein Schnee lag. Auch flüsterte der Winterwind häretische Worte und fürchterliche Unwahrheiten, die an der Gesundheit des Geistes zerrten,  einzelne Bürger klagten über exzessive und komatöse "Schlafanfälle", die mitten am Tag über sie hereinbrachen. Es war, als würde jemand diesen Winter selbst steuern, oder der Winter selbst würde leben und uns langsam aushungern lassen! Lange tappten wir im Dunkeln, wer den weißen Tod über uns gebracht haben könnte. Um Klarheit zu schaffen, mit wem der Orden es zu tun hat, pilgerte ich in die Himmelsgipfel, zu dem Siegel Deyn Cador's, schlug mein Zelt auf und verbrachte einige Tage mit intensiven Gebeten. In einem lebhaften Fiebertraum.. begegnete ich schließlich dem Wesen, der diese Hölle über uns gebracht hat. Ich sah einen Hünen, mit eisblauen, leeren Augen, in einer Plattenrüstung aus verdichtetem Eis, mit einer langen, teuflischen Glefe, wie er auf einem Ross aus Wirbelwinden auf mich zu ritt. Diese Erkenntnis wurde genutzt, um mit dem fachspezifischen Wissen des Erzdekan, beziehungsweise in einem seiner Quellenbücher über Dämonen nachzuschlagen. Tagelange Recherche brachte uns schließlich zu dem Übeltäter, der die Eiseskälte über uns brachte:

"Mit menschlichen Zügen versehen, wandelt dieses Wesen, fernab dessen entstanden, von wo wir Menschen sind, umehr. Ein selten erscheinender, böswilliger Geist ist er und gilt daher bei vielen bekannten als auch fremdlichen Kulturen als Omen der schlechten Dinge. Unheilige, von Eiseskälte erstarkte Waffen führend, vermag er auf einem grausigen Reittier gar weit durch die Lüfte zu gelangen. Überirdische Macht benutzend, wird des Frostmahrs Sicht nicht bei Nacht und Dunkelheit getrübt. Wenig ist mir über den Kampf zu schreiben möglich, der gegen ihn zum Siege führen kann. Aus alten Aufzeichnungen, die den Ordensbrüdern einzusehen möglich ist, geht jedoch hervor, dass ein solcher Frostmahr das schmerzlich Laute scheut. Dazu steht dort geschrieben, dass Feuer gegenüber herkömmlichen Waffen einen Vorteil hat. Letzteres nämlich hinterlässt - wie auch Magie- kaum Spuren im Körper jenes Wesens. Eine Warnung sei auch auszusprechen, auf dass man nicht mit ihm in Berührung käme - denn es ließe Gegenstände abkühlen und ganze Gliedmaßen dem Abfrieren preisgeben. Wenn den Leuten ihr Verstand lieb und teuer ist, so sollen ihre Ohren geschützt sein. Der Frostmahr vermag ihnen diesen mit geisterhaften Geräuschen wie aus einer anderen Welt zu zermürben. Lebewesen allgemein sollen auf der Hut sein - denn eine Handbewegung des genannten Wesen lässt sie einen von Frost geprägten Schlaf fallen."

Jetzt, wo klar wurde, dass man es mit dem Dämon Finthelas Hagalaz, alias "dem Frostreiter" zu tun hatte, arbeitete das Bürgertum, die Garnison und der Orden zusammen, um uns gegen Angriffe des Frostmahrs zu verteidigen. Als ein gewaltiger Koloss aus verdichtetem Eis, so hoch wie der Kirchturm und so breit wie ein Stadttor aus dem Norden auf die Stadt zu wankte, versuchte man, mit der schwarzen Glocke und ihrem unheilig lauten Ton, den Koloss Einhalt zu gebieten. Dieser zeigte sich jedoch unbeeindruckt, und ließ die Glocke unter seinem gigantischen Fuß verschwinden; schlussendlich wurde er mit explosiven Fässern in Grund und Boden gebombt. Da klar wurde, dass es mehr als gewöhnliche Schwerter braucht, um Hagalaz zu schaden, machten sich mutige Bürger zu einer Expedition in den Urwald auf, um mit dem hiesigen Stamm der Bororo zu sprechen. Diese überreichten ihnen den glühenden Speer, eine ketzerische Waffe, welche die frevlerische Flamme des Feuerdämons Kalay in sich trug: Eine Flamme, stark genug, um die eisige Panzerung des Hagalaz zu durchbrechen!

Doch wie würde man nahe genug an diesen herankommen, um ihn mit den Speer durchstoßen zu können? Die Bororo erzählten den Bürgern eine alte Sage, in welcher der Frostmahr ein Dorf terrorisiert hat und dabei war, die Seelen der Bewohner für ewig zu verdammen. Ein naiver Rittersknappe forderte den Frostmahr auf seinem Esel im Tjost auf Leben und Tod heraus: Würde der Junge gewinnen, müsse der Frostmahr ziehen, würde jedoch der Frostmahr ziehen, würden alle Seelen ihm gehören. Der Junge verlor das Duell, und das Dorf war verloren. Als mir diese Worte erzählt wurden.. da fühlte ich etwas. In meinem Bauch.. da brodelte es, in meinem Kopf dämmerte es. Die göttliche Einsicht war in mich gefahren! Mein Reittier soll Drevin sein, das Trüffelschwein, und meine Waffe die glühende Klinge! Ich würde den Frostmahr herausfordern, und ihn zurück in die Hölle schicken, so will es der Herr! Den damaligen Kommandanten, Rodrik van Wittelsberg, davon zu überzeugen, war äußerst schwierig. Wittelsberg war ein Frevler, der den Prior selbst beleidigt hat und wie eine fallicische Dirne rumgehurt hat, weswegen er selbstverständlich nichts von einem "göttlichen Plan" verstehen wollte, geschweige denn konnte. Seinem Unwillen zum trotz ritt ich hinaus, als der fürchterliche Dämon sich auf seinem höllischen Reittier vor dem Nordtor herabließ. Er schien darauf zu warten, auf jemanden, der töricht genug wäre, ihn herauszufordern. Dieser törichte Mann war ich!

"Wer von euch Maden wagt es, mich im Tjost herauszufordern?" Schallte es von einem schaudrigen Schandmaul.

"Ich.. Franz Gerber, Protektor vom Solaner Orden!" antwortete ich in einer selbstverständlich SELBSTBEWUSSTEN Stimme. Der Frostmahr lachte bloß; er hatte noch keinen blassen Dunst, wie sehr ich ihm den Hintern versohlen würde.

"Na gut, Franz Gerber vom Solaner Orden! Wir reiten.. auf Leben und Tod. Sollte ich gewinnen.. sind all eure Seelen mein!"

"Und sollte ich gewinnen.. dann wirst du für immer von dieser Insel verbannt!" Forderte ich von ihm; es schien ihn kein Bisschen zu kümmern. Immerhin gibt es genug Dörfer, die er überfallen könnte.

"So sei es! Wir reiten neben dem Schiffswrack. Nehmt eure Gemeinde mit, sodass sie eurem jämmerlichen Tod beiwohnen können, Protektor!"

Mit diesen Worten stieg er wieder in den Himmel hinauf; und mir wurde bewusst, dass ich gerade die Seelen aller Stadtbewohner verwettet hatte. Das gefiel dem Kommandanten aber eher weniger; hätte er gewusst, dass scheitern für mich noch nie eine Option war, wäre er viel entspannter geblieben! Und so kam es zu dem tödlichen Tjost. Ich stand auf einer Seite.. Drevin war zwar beunruhigt, doch für ein Trüffelschwein seltsam tapfer. Der glühende Speer war in meiner mit Mondsilber bestückten Panzerhand, welche mich vor der magischen Hitze schützte. Und gegenüber.. war Hagalaz. Er hob seine Glefe mit der rechten, bereitmachend.. ich verkrampfte meine Finger um den glühenden Speer und versuchte nicht daran zu denken, eventuell für den Tod aller hier verantwortlich zu sein.. und sah die Glefe sich senken. Durch einen Klaps auf den Hinterkopf sprintete Drevin los, und ich hob zielend den Speer! Doch Hagalaz war deutlich schneller als der alte, dicke und kurzatmige Drevin; so schnell konnte ich gar nicht schauen, schon war er da! Ich sah die Glefe, wie sie sich meinem Topfhelm näherte.. doch, er schlug darüber, der Narr! Drevin war so kurz, dieser strunzblöde Dämon hat sich in der Größe verschätzt! So war es mir ein leichtes, den glühenden Speer in seinen Körper zu rammen; und als ich dies tat, explodierte sie noch in einem sengenden Feuerball in seinem ketzerischen Leib! Die Wucht der Explosion drückte Drevin aus seiner Spur und mich hob es von ihm runter, wild wurden wir über den eiskalten Sand geschleudert. Nach mehrmaligem Überschlagen kam ich schlussendlich zum erliegen.. ich spürte noch, wie der dämpfende Schnee auf dem Sand sich verflüssigte, und meine kalten Gliedmaßen sich langsam aufwärmten, dann.. Schwärze.

Ich kam in der Heilstube wieder zu mir.. und mir wurde berichtet, dass der Frostmahr durch meine Hand gefallen ist. Ich hatte ihn nicht nur von der Insel verbannt, sondern von ganz Athalon! Drevin erlitt einige schwere Brandverletzungen durch den Zusammenstoß, doch ist er dabei, sich zu erholen und frisst bereits wieder. Noch bevor ich das erste Mal aufstehen konnte, stürmte Kommandant Wittelsberg die Heilstube, warf sämtliche Besucher hinaus und sprach alleine mit mir. Er schwafelte davon, dass die Glefe Hagalaz zu gefährlich wäre, als dass der Orden sie entsorgen könnte, deshalb hat er sie entwendet und versteckt.. und wenn ich keinen internen Krieg mit ihm anzetteln wollen würde, sollte ich das für mich behalten. Im Nachhinein verstehe ich, was seine wahre Intention war. Hat dieser Narr damals wirklich gedacht, ich würde meinen Abtpräses belügen? Im nächsten Eintrag schreibe ich nieder, was Wittelsberg damit wirklich vorhatte.. und was für eine Katastrophe ich verursacht hätte, hätte ich meine Ordensbrüder für diesen Frevler im Dunkeln gehalten. 

*Das laute grunzen von Drevin brachte Franz dazu, das Buch bei Seite zu legen und zum Stall herabzuschauen. Nach dem, was auf Cerrona vorgefallen ist.. kann er seinen alten Kumpanen nicht mehr ansehen, ohne sich von Schuldgefühlen erdrückt zu fühlen. Hätte er doch nur gewusst.. dann hätte er ihn nie.. vielleicht wäre dann..
Er verwirft seine Gedanken, sprintet lachend zu dem Gehege und streichelt Drevin den Kopf. Als seine gepanzerten Finger über die Haut Drevins fahren, denkt er daran, wie sehr er dieses Gefühl vermissen wird..*
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#5
*Dieses Kapitel scheint wohl anhand der Leserlichkeit der Wörter und der Beschaffenheit des Paperies neuer zu sein als das Vorherige und das Folgende. Offensichtlich muss es wohl aus einem unbekannten Grund zu einem späteren Zeitpunkt geschrieben worden sein.*

Vorwort - Paladin Franziskus Maximilian Gerber, Solaner Orden Neu-Corethon

Aah ja! In diesem Kapitel werde ich endlich niederschreiben, wieso die Beziehung zu der allseits geliebten Garnison - zumindest in diesem Orden - komplett im Eimer ist. Abt Dysmas ermahnt mich immer, dass ich mit meiner aufbrausenden Art alles nur noch schlimmer mache. Aber wo sind wir denn, dass so ein schnöseliger Offizier meint über meinen geliebten Prioren herziehen zu können? Sind doch eh immer alles Kultisten, das werdet ihr in diesem Kapitel schon noch früh genug merken! Rodrik van Wittelsberg hatte nämlich noch mehr Dreck am Stecken als lediglich ein Artefaktdieb zu sein.. er steckte mit der elenden Dreckssau von Decrapia, der Herrin des verbrannten Waldes, unter einer Decke!
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Folgen einer Alchemistin - Weinmond 1341

Es vergingen zwei Tage nachdem der Kommandant der Garnison Neu-Corethon, Rodrik van Wittelsberg, mir an meinem Krankenbett im Lazarett erzählte dass er die unheilige Glefe des Frostmahres an sich nahm und versteckte. Aber nicht nur das, er war auch noch so dreist von mir einzufordern dies für mich zu behalten - ansonsten würden ernsthafte Konsequenzen drohen! Der linke Frevler hatte sich da mit dem falschen Protektor angelegt, meine Freunde. Sobald ich stehen konnte habe ich natürlich brav alles gepetzt, aber nicht nur Raphael, sondern auch gleich noch an seinen größeren und mächtigeren Bruder, Michael! Dieser war gerade zu Besuch auf unserer bescheidenen Insel, er brachte uns wie jedes Jahr eine prächtige Tanne zur Sternennacht und beschenkte mich mit dem Trüffelschwein Drevin, welches mich und den glühenden Speer in die Brust des Frostmahres trug. Als ich ihm alles erzählte wurde er genauso wütend wie ich! Der durfte das natürlich, aber wenn ich mich aufrege und Zähne einschlage wenn mich jemand schief anschaut übertreibe ich natürlich - die Doppelmoral kennt eben keine Grenzen.. sie schläft auch nicht und hat keinen Humor. Oder war das Justizia? Wo ist Arnwald Recht wenn man ihn braucht?

Auf jeden Fall belagerten wir zwei heldenhaften Verfechter des Glaubens - auch wenn der eine mehr Schreibtischstreiter als Frontsoldat war - die Tore der Garde und machten Stunk bis van Wittelsberg schließlich selbst aufkreuzte. Der Erzdekan brachte ihn dazu sein schändliches Verbrechen zu gestehen, so gnädig wie er war aber zu vergeben sollte er die Glefe unverzüglich an ihn retournieren so dass er sie auf das Festland bringen und dort untersuchen und sicher verwahren könne. So berichtete er gleich, dass er sie in den Katakomben der Garnison versteckt habe, aber meine schwarzmagieabweisenden Celestiumhandschuhe benötige damit er sich nicht verletze! Grummelnd und fluchend, aber willig, lieh ich sie ihm und wir warteten, während van Wittelsberg sich mit meinen geliebten Handschuhen zurückzog.. und uns sehr lange warten ließ. Ich war bereits bereit hineinzustürmen und als Martyrer zu enden, da schleppte er sich rußüberzogen vor unsere Füße mit nichts außer Scherben in den Händen! Er klagte darüber, dass die Glefe einfach explodierte als er sie mit seinen Handschuhen berührte und von Beidem nur Scherben übrig sind. Oh je! Wäh! Er konnte ja nichts dafür.. Oder so dachten wir zumindest!

Erzdekan Bonnington verabschiedete sich sobald, seine Pflichten riefen ihn zurück nach Asmaeth in das entfernte Weidtland. Desöfteren muss ich lächelnd auf die Zeichnung von Drevin schauen, meinem guten unschuldigen Ordensbruder. Seine Begabung für die Archäologie dürfe nicht verschwendet werden, meinte Bonnington, deswegen nehme er ihn mit.. aber mir wäre lieber gewesen, er wäre hier geblieben. So gut hat er sich um mich gekümmert, als ich im Kampf gegen diese untoten Seebestien erblindet bin! Unser Orden wird von Mond zu Mond kleiner, wo sollen wir denn so vielversprechende junge Priester plötzlich herbekommen? Freiwillig herkommen tun die wenigsten! Doch ich schweife ab. Wenige Wochen nachdem der Erzdekan abgereist war und ich den Verlust meiner wunderbaren Panzerhandschuhe verkraftet hatte erreichte uns ein verhängnisvoller Brief, aus Asmaeth. Mit dem Siegel des Erzdekan. Raphael zog mich und Pater Viatorius, Deyn habe ihn selig, in den Keller der Brauerei und las mit zittriger Stimme den fürchterlichen Inhalt vor.

Schock schwere Not, stellt sich doch heraus, dass das gar nicht die Glefe des Frostmahres gewesen sein kann die van Wittelsberg uns präsentierte, denn die Scherben bestanden aus plumpem Eisen! Aber nicht nur das, man hatte auch in der Akademie von Schwarzwasser drei hochrangige Magier festgenommen denen zweifelsfrei eine Anhängerschaft im Kult der Decrapia nachgewiesen wurde.. welche mit dem Gouverneur der Insel, Alexander von Zahern, regen Briefaustausch hatten. Unser Gouverneur war ein verdammter Kultist und van Wittelsberg vermutlich auch! Der Erzdekan erteilte uns den heiligen Auftrag, die unheilige Glefe sicherzustellen und sämtliche schwarzmagische Elemente im weltlichen Apparat von Neu-Corethon aufzuspüren und - wenn möglich - lebend ans Festland auszuliefern, sodass sie ihre gerechte Strafe erwarten kann. Gar nicht so einfach, wenn einen die ganze Stadtwache überhaupt nicht mag und man denen jetzt noch erklären soll, dass all ihre Vorgesetzten Hurensöhne Skrettjahs sind! Mit der Hilfe einiger gottesfürchtiger, vertrauenswürdiger Bürger stampften wir einen Plan aus, wie wir an den Gouverneur und Kommandanten herankamen. Zuerst den Kommandanten heimlich festnehmen, dann in die Garnison einbrechen und die Glefe sicherstellen und diese dann als Beweismittel verwenden, um die Stadtwache von der Schändlichkeit ihrer Führung zu überzeugen.
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Gesagt, getan - van Wittelsberg lockten wir unter dem Vorwand eines Gespräches in die Priorei, wo wir alchemische Blitzbomben warfen um ihn zu überrumpeln, brutalst zusammen zu schlagen und zu fesseln und zu knebeln. Wir banden ihn an ein Seil und ließen ihn über das Fenster der Priorei zur Grotte hinab, wo wir ihn an einen Stuhl fesselten und zu seinen Schandtaten ausfragten. Geständig konnte er uns bestätigen dass die Glefe tatsächlich in den Katakomben der Garnison versteckt war genau so wie meine Panzerhandschuhe - die hat er auch einfach behalten der elende Bastard! Über einen Geheimgang in dem ehemaligen Museum des Orden und heutigen Schatzhauses der Stadt würden wir ungesehen hineinkommen, doch just als wir die Tür des Schatzhauses im Schutze der Nacht offen hatten kam Pater Pius - der "Hofpriester" des schwarzmagischen Gouverneurs - und drohte lauthals damit, unseren Einbruch sofort an den Gouverneur zu verpetzen. Wie dieser Hofpriester das Kultistenleben seines Lehensherren nicht bemerken konnte war uns ein Rätsel, deswegen unterstellten wir ihm genau so Ketzerei und auf das Nicken von Raphael hin schlug ich ihn von hinten bewusstlos. Deyn vergebe mir Hand an einen geweihten Priester zu legen, doch war dieser verräterische Hund immer schon hinter dem Posten des Prior her und plünderte sogar den Leichnam von Raphael in der Kirche bevor seiner Auferstehung!

Nachdem Pius ausgeschaltet worden war begaben wir uns in die Tiefen der Katakomben, deren Geheimgang Hafenmeister Hadubrand von Drachenberg freigestemmt hatte, und fanden in der Tiefe einen Altar vor einem gewaltigen, schwarzvioletten Spiegel der an der Wand prangerte. Der Boden war gesäumt von Verzierungen aus rotem Ätherium, Katalysator für alle schrecklichen magischen Werke, und thronend lag die eisige Glefe des Frostmahres auf dem Podest dar. Doch noch bevor wir diese an uns nehmen konnten überraschte uns die rechte Hand des Gouverneurs - seinen Namen habe ich leider schon vergessen - indem er aus den Schatten sprang und mit einem Pfiff die Wachhunde der Garde auf uns hetzte! Aber war er doch ein Narr, unterschätzte er meine.. oder auch unsere Kampfkraft, denn ohne Verluste erschlugen wir ihn als auch seine Köter. Raphael tadelte mich sogleich, dass wir die Kultisten doch lebend zurückbringen sollen, aber dass sie meine Panzerhandschuhe gemopst haben lag schwer auf meiner armen Seele und konnte nur mit Blutvergießen wiedergut gemacht werden! Dem Herren sei Dank fanden wir sie auch wieder, in einer Truhe wo der Fußboden verschwindet sobald man sie öffnet. Ich glaube da ist auch jemand hineingeplumpst.. war das vielleicht sogar ich? Ich weiß es nicht mehr, aber es ist auch nicht von Belang. Wir hatten die Glefe und meine Handschuhe!

Nun wo auch der verräterische Pius zusammen mit van Wittelsberg in der alten Paladingrotte sein Gefangenendarsein fristete und wir handfeste Beweise für die Schwarzmagie, die innerhalb der Garnison stattfand, hatten, versammelten wir die Bevölkerung vor der Kirche und schworen sie darauf ein, mit uns Fackeln und Heugabeln zu erheben und vor der Garnison aufzumarschieren und die Auslieferung des Gouverneurs zu verlangen. Eine brandgefährliche Situation, denn selbstverständlich haben die Wachen sofort den Burgfried dicht gemacht und eine Revolution gefürchtet! Doch nachdem Raphael als auch Hafenmeister von Drachenberg vorgesprochen und die Beweise dargelegt hatten öffnete der Torposten dennoch die Pforten und die rasende Bevölkerung Neu-Corethons stürmte den Burgfried. Irgendwann wurde klar, dass der Gouverneur, mit einigen treuen Leibwachen, in die Katakomben geflüchtet war, welche wir sogleich durch den Kerker, das Untergeschoß des Burgfrieds und des Schatzhauses getrennt betraten. Kleinere Scharmützel entbrannten mit den uneinsichtigen Leibwachen, während wir von Zahern schlussendlich in einem Ritualraum vorfanden - eine Art wabernde Wand anbetend. Vier Opfergaben in Form der Elemente waren dargebracht, ein klares Zeichen für die Anrufung Decrapias, doch unsere Anwesenheit störte sein Ritual wohl empfindlich. Noch bevor er sich erklären konnte krallten zwei dünne, dunkelledrige Arme mit Klauen nach dem Gouverneur und zogen ihn mit sich in diesen Dimensionsriss bevor er sich mit einem lauten Kreischen schloss.

Das Ableben des Gouverneurs hatte nicht nur Gutes zur Folge. Viele Stadtwachen und Leibeigenen nutzen die Gunst der Stunde um zu desertieren und in den Norden der Insel zu flüchten, wo sie eine Hofburg der Gesetzlosigkeit gründeten. Es dauerte viele Jahre, um diese Stück für Stück entweder wieder zu integrieren oder sie im Kampfe zu Fall zu bringen. Nun war leider auch der Hauptschuldige spurlos verschwunden, wir konnten nicht einmal einen Leichnam präsentieren, doch die Gefangennahme des geständigen van Wittelsberg reichte aus um unser Vorhaben legitimiert zu haben. Pater Pius konnte nichts nachgewiesen werden, weswegen wir ihn freigelassen haben, woraufhin er auch gleich die Insel verlassen hat. Besser war es wohl für ihn, denn in meinen Augen hat ein Priester, der für das Seelenheil eines einzigen Mannes zuständig ist und nicht einmal merkt, dass dieser zum Schwarzmagier wird, sein Leben ohnehin schon lange verwirkt! Der ehemalige Kommandant Rodrik van Wittelsberg wurde von einem Schiff der silvanischen Kirche, welches Erzdekan Bonnington samt einem Trupp gut gerüsteter Ordensritter entsandte, nach Carviel gebracht wo er für seine Taten vor Gericht verurteilt und öffentlich hingerichtet wurde.
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Es vergingen einige Monde, doch der dunkle Stern Decrapias verschwand nicht über Neu-Corethon, sondern war wieder im Begriff hell zu leuchten. Aus irgendeinem hirnrissigen Grund war plötzlich wieder ein Magier auf Neu-Corethon aufgetaucht! Und das nachdem wir endlich dieses "Seelenheim" gefunden und vernichtet haben, Paladin Solomon Cain sogar sein Leben dabei gelassen hat! Sein Name war Vernon Bonhart und ich hasste ihn schon von der ersten Sekunde an. Ein arroganter, hässlicher Sohn einer Dirne welcher meinte er wäre ein Glückskind, ein Kind des Teufels zu sein. Ständig stellte er die Autorität des Orden in Frage, prahlte das Magie überhaupt nicht schlimm ist und nichts mit Skrettjah zu tun hat und dazu war er echt hässlich - so oft war ich kurz davor ihn einfach niederzustrecken! Aber zumindest konnte er mit seiner Gabe erkennen, dass tatsächlich auf Neu-Corethon noch Schwarzmagie im Gange war.. und das mitten in der Stadt. Die Garnison konnte es nicht mehr sein, haben wir also wen übersehen? Hatte von Zahern noch Komplizen in der Bevölkerung, die uns verborgen geblieben sind? Es war zweifellos die Präsenz Decrapias, die täglich wuchs.. sie war wohl recht angepisst von unserer Aktion!

Aber ganz angekommen, dass es gewaltig stinkt ist es in meinem alten Hirnkasten wohl erst, als ich früh Morgens aus dem Fenster der Priorei gesehen und ein riesiges, einäugiges, tentakelbewehrtes Seeungeheuer entdeckt habe welches sich an unseren Fischereinetzen ausgiebig bedient hatte. Himmel, Arsch und Zwirn! Die See war wirklich so schon unheimlich genug! Zusammen mit Bonhart und den Aussagen einiger Bürger versuchten wir, der Spur des Seemonsters zu folgen doch waren nur wenig erfolgreich. Klar ist, dass es in den ausgedehnten Höhlensystemen unterhalb der Stadt seine Brutstätte haben musste und sich auch dorthin zurückzog - anscheinend soll es sogar im Trinkwasserbrunnen der Stadt gesichtet worden sein, munter weiter getrunken wurde aber dennoch! Ist ja auch nichts passiert, soweit ich weiß.. auf jeden Fall war ich kein großer Freund davon, mit einem Magier Jagd auf Schwarzmagier zu machen. Bin ich auch immer noch nicht! Wie soll das möglich sein, dass ein minderwertiger, hässlicher Zauberhans ein besserer Schwarzmagiespürhund ist als geweihte Priester oder gestandene Glaubenskrieger Deyn Cadors? Auch da war irgendwas faul, aber ich wusste nicht was!

Bis eines verhängnisvollen Tages Bonhart schließlich in unserer Tür stand. Er behauptete, dass die Schwarzmagie aus den Tiefen der Krupp-Mine kommen muss - welche zu diesem Zeitpunkt in Besitz der Alchemistin und Schmiedin Linda Silberschlag war.. Silberschlag! Die Schmiedin, die mich immer so hinterfotzig freundlich angegrinst hat. Langsam ratterte es in meinem primitiven Hirnkasten.. als van Wittelsberg noch am Leben war und er die Stadtbrauerei gemietet hatte, da hat er Alkoholika hergestellt die innerhalb von Augenblicken seltsam süchtig machten. Und plötzlich war halb Neu-Corethon abhängig, auch Jule, und die haben immer so ekelhaft herumgekotzt wenn sie zu viel davon gesoffen haben! In einer Razzia die seinesgleichen sucht (Selbstverständlich habe ich alles mit meinem Schwert unschädlich gemacht) fanden wir schließlich den Ursprung.. ein Gang indem unheimliche Pilze gewachsen sind, die mit ihren Sporen alles vergiftet haben! Ausnahmsweise traf van Wittelsberg dieses Mal keine Schuld, denn der Gang führte direkt in die Krupp-Mine. Silberschlag hat sich original noch darüber aufgeregt was wir auf ihrem Grundstück machen, hah! Was waren wir für Deppen, unfassbar!

Sogleich wurde ihre Schmiede auseinandergenommen und unter einer losen Diele ein geheimes Alchemielabor gefunden, in denen sie mit allen möglichen magischen, giftigen und ekelerregenden Substanzen experimentierte. Den Schreckensfund machten wir aber erst, als wir uns in die Minengänge hinabwagten und in einem ausgeleuchteten, großen Hohlraum endeten wo ein riesiger Golem -  der "Servus Apparatus" - aus Metall stand und uns gnadenlos überfiel! Inmitten des Kampfgeschehen machte sich Raphael an einem explosiven Fass zu schaffen und verlor dadurch seine Hand, er wurde umgehend bewusstlos. Unser Kampf gegen den Golem war aussichtslos, wir versuchten ihn in einen Schacht zu locken und dort hinunterzustoßen, doch der Golem erwischte mich und drohte mich selbst dort hinunterzuschmissen. Stur wie ich war, befohl ich Ivo den Golem hineinzustoßen selbst wenn es meinen eigenen Tod bedeuten würde - und das tat er auch!  Das Gleichgewicht verlierend prallte der Golem gegen die Schachtwand und ließ daher von mir ab, doch das Schicksal meinte es gut mit mir, denn ich kam an einem Felsvorsprung zum erliegen, während der Golem in den Abgrund in die tödlich heiße Lava fiel und dort eingeschmolzen wurde. 
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Ich weiß nicht, wie lange ich dort lag, doch irgendwann wurde ich wieder wach und kämpfte mich auf die Beine. Mein linker Arm musste gebrochen sein, denn ich konnte ihn nicht mehr spüren, und ein heftiger stechender Schmerz pochte in meiner Brust. Ich sah vor mir einen Gang in das unbekannte dunkle, und eine wabernde, markerschütternde Präsenz des Bösen wie sie vor sich hinbrütete. Ich hatte keine Wahl als diesen Gang hinabzuschreiten, da tauchte plötzlich Bonhart wieder vor meinen Füßen auf. Er berichtete mir, dass der Rest meiner Mitstreiter geflohen waren und mich für tot hielten.. anscheinend überfiel sie, nachdem der Golem gefallen war, eine gigantische Brutspinne woraufhin sie die Flucht antraten. Dort vorne befände sich wohl die Quelle allen Übels, und wir würden sie gemeinsam beseitigen müssen. Ein Altar, ähnlich wie der den wir in den Katakomben der Garnison gefunden hatten, und ein Dimensionsriss wie derjenige den von Zahern beschworen hatte und schlussendlich daran zugrunde ging. Die Stimme Decrapias erhallte, bosahft, erzürnt - sie verfluchte mich, den Sohn der Sonne! Ihr pechschwarzer, hässlicher, riesiger und von Klauen übersäten Arm streckte nach unserer Welt aus..

Die Präsenz eines Erzdämonen zwang uns sofort in die Knie, allein ihre Anwesenheit und die rabenschwarze Magie die sie ausströmte genügte um uns fast ohnmächtig werden zu lassen. Meine Sicht wurde verschwommen, doch in der Ferne sah ich etwas großes, rot waberndes.. offensichtlich die Quelle, die das Portal von unserer Seite offenhielt! Bonhart schaffte es, für einige Sekunden die Präsenz Decrapias abzuschirmen. Genügend Zeit, damit ich mich auf die Beine kämpfen konnte und an dem Riss vorbei sprintete - der Arm von Decrapia schnellte von hinten auf mich zu, doch ich konnte mit einer Rolle ihren Griff entgehen. Fluchend brüllte sie mir hinterher, doch ich hatte nur ein Ziel vor Augen. In einem letzten Aufgebot, gegen die dämonische Bedrohung, erhob ich mein Schwert aus Celestium. Sein sanftes, hellblaues Schimmern bestärkte mich in meinem Vorgehen, ein einziger Funke der Hoffnung inmitten der Hölle in der ich mich befand. Ich rannte, mit der Spitze voraus, in den glänzend roten Ätherium Kristall - in dem Moment, wo das Celestium mit dem Ätherium im Kristall in Berührung kam, explodierte der ganze Gang in einem einzigen hellen Lichtstrahl. Mir wurde klar, dass ich gerade mein Leben gelassen hatte.

Doch warum schreibe ich dann noch diese Zeilen, fragt ihr euch bestimmt? Tjaha, nicht aufhören! Ich veräppel euch nicht, versprochen. Ich wurde wieder wach, nachdem das blendend helle Licht endlich etwas dunkler wurde und ich wieder sehen konnte. Ich fühlte mich so geborgen! Alle meine Wunden waren verheilt und obwohl ich wusste, dass meine Reise zu Ende war, spürte ich eine gewisse Erleichterung. Ich hatte etwas Gutes getan und war nichts außer dankbar für das, was geschehen ist. Ich war endlich in den heiligen Hallen Deyn Cadors angekommen.. dachte ich zumindest. Denn vor mir schoss plötzlich ein Lichtstrahl durch den Boden in die endlosen, weißen Lüfte - und hinter dem Lichtstrahl schwebte eine Gestalt in verhüllten, dunklen Roben, sein Antlitz verborgen von dem wabernden Lichtstrahl. Ich wusste, dass ich vor Gevatter Tod stehe, dem Heiligen Renbold. Ich würde nun wohl gerichtet werden - doch nicht dieses Mal. Renbold erhob seine Stimme und erzählte mir, dass meine Aufgabe noch nicht zu Ende sei und ich noch nicht in das Himmelsreich aufsteigen könnte. Der Herr hatte noch anderes mit mir vor, auch wenn Renbold mir nicht sagte, was es war. Er erteilte mir den göttlichen Auftrag, die drohende Präsenz Skrettjahs zu erlegen und Buße für den Tod Raphaels zu tun. Bevor die Erzdämonen nicht besiegt waren, blieb die ewige Ruhe mir verwehrt.

Noch bevor ich weitere Fragen stellen konnte, blendete mich das Licht erneut.. und ich wachte am Deynsiegel, im Norden der Insel, splitterfasernackt auf. Nur mein treuer Topfhelm war mir geblieben. Auch wenn meine Wunden geheilt waren, so war ich dennoch erschüttert von all den Ereignissen. Ich, Franz Gerber aus Silberlauf, wurde wieder zurückgesandt? Warum ich, warum wurde diese Aufgabe mir übertragen? Und wie soll ich solch einer Aufgabe nur gerecht werden? Selbstverständlich glaubte mir Bonhart kein Wort, als er magischerweise wieder vor mir stand. Er faselte etwas über eine "Ätherreise" durch die Explosion, doch ein verblendeter Narr wie er würde den Herren nicht einmal erkennen wenn er vor ihm stehen würde! Silberschlag wurde nie gefasst, sie flüchtete die Insel kurz bevor wir ihre Mine stürmten. Ein geisterhaftes Abbild von ihr gestand all ihre Missetaten und versuchte die Schuld von sich abzuwälzen, ihre noch lebenden, furchtbaren Kreationen wurden bald aus der Welt getilgt. Selbstverständlich war Neu-Corethon heilfroh, dass ich wohlauf war, doch würde die Last meiner Aufgabe noch sehr schwer auf mir liegen.. damit war Decrapia aus Neu-Corethon vertrieben, und Sonnensohn Franz Gerber geboren.
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#6
*Die alten Brandnarben sind wieder aufgebrochen, als Franz in seinem Zimmer in der Priorei rastet. Auch wenn kein Schmerz diese Wunden begleitet, tut es doch die Schwäche, was ihn dazu zwingt, die Füße still zu halten. Energisch verewigt er sein Erlebtes in dem altbekannten Buch, alles wäre ihm recht, um die Zeit schneller vergehen zu lassen..*

Vorwort

Ruhe am ARSCH! Während wir im Orden die Füße hochgelegt haben, hat Swen Stahlhammer die Karriereleiter der Kultisten erklommen! Schon wieder wurden wir verarscht, überrascht und fast in dieser elenden Tiefenschmiede getötet! Ich war ein Narr, wenn ich dachte, wir könnten diese Insel auch nur für EINE einzige Sekunde aus den Augen lassen.
Hier, wo das Licht des Herren am hellsten scheinen kann, wirft es in dieser Gemeinde wohl auch die weitesten Schatten. Es liegt an uns, die Schatten in dieser Gemeinde wie Unkraut zu jäten, an der Wurzel aus dem Erdboden zu reißen.. und das werden wir nun auch tun. Keine Kompromisse mehr mit denjenigen, die den Willen des Herren missachten!
So wie ich bei Vincent Viscount, ein Kultist Zelissras und ehemaliger bester Freund, schon viel früher meine rosarote Brille hätte ablegen müssen.. alle sogenannten "Freunde" von mir haben mich im Endeffekt nur verraten.

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Die Sieben Kelche - Nebelmond 1342

Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, diesen äußerst charismatischen, schelmisch lächelnden Händler mit seinem Goldzahn nicht sofort verachtet und misstraut zu haben. "Vincent Viscount" war sein Name, ein fallicischer Akzent begleitete seine Worte.. der typische Scharlatan, der meinen Schützlingen nur das Geld aus der Tasche ziehen will. Er bezog Stellung in der ehemaligen Untergrundtaverne, wo sich das Gesocks der Stadt für kriminelle Machenschaften traf, und verwandelte es in eine Art Spielbude. An jeder Ecke wartete ein Spiel, egal ob mit Karten, Würfel oder Kugeln, bei dem man sein eigenes Geld vervielfachen konnte.. oder den ganzen Einsatz verlieren. Noch nie hatte ich sowas gesehen, ich war begeistert und am gleichen Tag noch Pleite! Dennoch war ich ihm nicht böse, im Gegenteil. Ich hatte seit Jahren nicht mehr so viel Spaß! Dazu gab es noch (überteuerte) Brötchen und Kristallweizen um den Hunger zu stillen, und an diversen Wochenenden geheime Boxkämpfe! Geboxt wurde um den wichtigsten, gestohlenen Schatz des Solaner Orden, die Phönixkrone Sôlerbens. Woher Viscount die hatte, ist mir bis Heute ein Rätsel.. Selbstverständlich hat der Orden jeden Boxkampf verloren, was uns aber nicht davon abhielt, die Vitrine zu zerschmettern und die Krone einfach an uns zu reißen, dazu aber später mehr.

Vincent lud mich und Raphael zu seinem Privatzimmer in der Spielbude ein. Dort zeigte er uns seine äußerst beeindruckende Sammlung von, Schmuck und Edelsteinen.. sogar schwarzmagisches Infernit hatte er bei sich, was wir natürlich sofort beschlagnahmen mussten, was hat er denn da bitte erwartet? Raphael verkaufte und tauschte viel Schmuck mit Viscount, er war froh, endlich einen Käufer für all die Schätze gefunden zu haben. Da scheint Viscount wohl gemerkt zu haben, dass Raphael einen feinen Sinn für Wertgegenstände hat.. und offenbarte uns seinen größten und wertvollsten Schatz, der bald die ganze Stadt in ein Miasma stürzen würde. Er präsentierte uns einen goldenen Kelch, mit den wertvollsten Edelsteinen verziert und feinen Gravuren übersehen.. uns blieb der Atem im Hals stecken, als wir dies sahen. Doch noch viel beeindruckender war er, als wir ihn halten durften.. Wir Beide spürten, was für eine seltsame, aber überwältigende Macht diesem Kelch inne wohnte. Sie erinnerte uns an die tröstende Hand des Herren, doch erschien uns so befremdlich.. da grinste Viscount schon über beide Ohren. Energisch erzählte uns Vincent Viscount die Legende über diese sogenannten "Sieben Kelche", dass sie einst eine mächtige, göttliche Waffe waren, die ganze Welten zerstören konnte, wenn sie in den falschen Händen liegen würde. Der silvanische Kirchenrat erkannte diese Gefahr, und beschloss, dass die Waffe nie mehr zusammengesetzt werden darf.. weswegen sie eingeschmolzen, und zu sieben Kelchen geformt wurde. Lachend meinte Viscount, dass man sich auch sagt, dass die Kelche sich gegenseitig anzogen, und irgendwann wieder zu einander finden werden. Noch blieb uns nichts anderes übrig, als darüber zu lachen. Zumindest solange, bis mir klar wurde, dass Vernon Bonhart ein Sammler dieser Kelche war. Er selber hatte 2 von diesen ominösen Schätzen, und meinte, Schwarzwasser hätte daheim bereits drei aufbewahrt! Diese verruchten Sumpfmagier waren kurz davor, die Kelche wieder zusammen zu führen!

Die Sachlage eskalierte, als Viscount plötzlich völlig aufgebracht vor der Priorei stand. Er fiel mir schockiert in die Arme, und berichtete, Bonhart hätte in sein Privatzimmer magisch eingebrochen und sich über seinen Schrank hergemacht! Er hätte ihn auf frischer Tat dabei erwischt, wie er versuchte, seinen Kelch zu entwenden.. ab dem Moment wurde mir klar, was Bonhart wahres Ziel auf Neu-Corethon war. Natürlich versuchte er, sich herauszureden, behauptete, Vincent hätte übertrieben.. aber mir war das egal. Ich habe Bonhart mit dem Tod und noch viel schlimmerem (wie so oft) gedroht, aber Vincent selbst war es, der mich davon abhielt, ihm weh zu tun. Ich sah den resignierten Blick in seinen Augen, und meinte, er wäre zu einem Tausch bereit. Bonhart würde seinen Kelch im Gegenzug für andere Wertgegenstände bekommen. Damit der Tausch aber sauber abläuft, und Bonhart Vincent nicht magisch beeinflusst, wurde ich von Vincent gebeten, bei dem Tausch dabei zu sein. Selbstverständlich ließ ich meinen Freund nicht im Stich!

Die drei Kelche standen auf dem Tisch, Vincent und Bonhart überzeugten sich von der Echtheit der anderen Kelche.. und Bonhart präsentierte was er im Gegenzug bieten würde. Vincent und er diskutierten lautstark, ich verschränkte meine Arme und seufzte gelangweilt, verstand ich doch nichts von diesen ganzen Fachausdrücken wie "Karat" oder "Fassung". Gerade wo ich über diese ganzen Fremdwörter und ihre Bedeutungen grübelte, traf mich ein Geistesblitz. Wortwörtlich. Urplötzlich flog ich über den Tisch, der ganze Raum wurde von Rauch, dem Geruch nach Schwarzpulver und Holzsplittern eingehüllt. Ich krachte gegen die Holzwand, landete auf dem Rücken und spürte, wie die Wucht der Explosion langsam über meinen Körper Überhand nahm, doch wehrte ich mich mit Hand und Fuß, jetzt das Bewusstsein zu verlieren! Meine Hände krallte ich in den Fußboden, ich zog mich auf den Bauch und kämpfte um jeden Atemzug als auch um jede Sekunde, in der ich etwas erkennen konnte. Vincent Viscount und Vernon Bonhart, regungslos auf dem Boden, blutüberströmt. Die Kelche, wie sie gerade in ein seltsames Gefäß gesteckt wurden. Und eine vermummte Gestalt, die gerade aus dem Loch in der Wand entstieg, welches es selbst gesprengt hatte.. bevor mich die Dunkelheit schlussendlich umarmte.

Erst in der Heilstube der Garnison kam ich wieder zu mir.. außer ein paar Prellungen am Kopf und am Rücken unverletzt. Wie so oft hat mir mein Helm wahrscheinlich das Leben gerettet.. Vernon und Vincent hatten weniger Glück. Sie Beide haben stark am Kopf geblutet und wahren für mehrere Tage nicht ansprechbar. Es war in diesem Raum, als ich zu ihren Betten ging, und schwören würde, ihre Kelche wiederzuholen.. und den Übeltäter zu finden, der ihnen das angetan hat. Sobald es ihm besser ging, schlossen Viscount und ich uns zusammen. Er hatte eine Art Ortungsgerät, welches die magische Spur des Kelches nachweisen konnte. Doch dieses wirkte bei seinem Haus nicht.. das Gefäß, dass der Übeltäter verwendete! Vincent vermutete, dass es aus Blei gewesen sein muss und die Spur der Kelche vertuschen würde. Seltsamerweise äußerte er seit diesem Tag öfter den Verdacht, dass der Orden selbst einen Kelch haben könnte.. und ich musste ihm mehrmals schwören, dass das nicht der Fall war. Doch als ich Raphael darauf ansprach, präsentierte er mir seinen Kelch im Prioreisturm. Wir hatten selber die ganze Zeit über einen, und könnten womöglich die Nächsten sein, auf die ein Anschlag ausgeübt wird, um den Kelch zu stehlen! Panisch sammelten wir das ganze Blei der Insel zusammen und ließen es zu einem Gefäß schmelzen, indem wir den Kelch aufbewahren konnten. Vincent gab mir den Rat, als ich ihm beichtete, dass Raphael einen Kelch aufbewahren ließ und ihn um Hilfe anflehte. Naiverweise dachten wir nun, sicher zu sein.. aber der Übeltäter wusste schon, wie er den Kelch bekommen würde.

"In 15 Minuten legt ihr den Kelch in die Mitte der Ignatz Bubis Brücke
Ihr kommt alleine. Keine faulen Tricks, sonst ist das Mädchen tot.
Markiert nicht den Helden."

Diese Drohmeldung ging in unsere Priorei ein. Wir hatten keine Zeit, um uns einen perfiden Plan auszudenken, um das Mädchen zu retten und den Kelch zu behalten.. zudem keinen Spielraum dafür. Wir riskieren keine toten Gemeindemitglieder nur für diesen Kelch, daher blieb uns nichts anderes übrig, als auf die Forderung einzugehen. Ich nahm den Kelch, ging zur Ignatz Bubis Brücke und wartete auf die Übergabe. Seltsamerweise aber, kam nur die Geisel selbst: Lia Morris. Mit verbundenem Mund und gefesselten, mit beiden Handflächen nach oben zeigenden Händen. Um ihren Hals ein Schild, auf dem stand "Legt den Kelch in ihre Hände und bewegt euch nicht". Mit zittriger Stimme, versuchte ich das junge Mädchen zu beruhigen und ihr zu versprechen, das alles gut werden würde, als ich den Kelch in ihre Hände legte. Sie machte einige Schritte rückwärts.. und lief panisch los, Richtung Norden, in den Wald. Noch bevor ich auch nur eine Sekunde über die ganze Situation nachdenken konnte, spürte ich erneut diese bedrohliche Vibration, einen lauten Knall und wie der Boden unter meinen Füßen nachgab. Die Ignatz Bubis Brücke wurde gesprengt, und ich wurde unter ihren Trümmern begraben. Lia Morris wurde schlussendlich bewusstlos im nördlichen Wald gefunden, unverletzt, aber ohne den Kelch. Nun waren fast alle Kelche vergeben, und ich, Vernon und Vincent verbrachten die Tage mit einer sinnlosen Jagd nach demjenigen, der sie uns erst entrissen hat. Sinnlos deshalb, da wir garnicht nach den Kelchen suchen mussten: Der Herr, Deyn Cador, muss sie wohl selbst zu uns gebracht haben.. oder sagen wir eher, die Kelche haben uns zu IHNEN gebracht. Eine Menschentraube versammelte sich am Hafen vor der Taverne, als Kanonenkugeln auf genau jenen Platz einschlugen. Die Wucht haute mich (zum dritten Mal) so aus den Socken, dass ich bewusstlos wurde. Die Wache war völlig überfordert und sogar unbewaffnet, sie mussten Verstärkung holen. Genau in dieser Zeit stapften sie wohl fröhlich munter durch die Menge, und entschieden sich AUSGERECHNET mich, Vincent Viscount und den Medikus Lucien Avicenna auf ein "Abenteuer" mitzunehmen.  Wir wurden in einer dreckigen Kajüte wach, die wir uns mit einem Schwein teilten. Vincent haben sie mit einer Zange den Goldzahn ausgerissen, als er erkannte, dass die Piraten die 3 gestohlenen Kelche hatten! Schnell stieß er einen über Bord bevor sie ihn dafür grün und blau schlagen. Gerade, als ich ihm helfen wollte, sprang Lucien erbost auf und warf Viscount alles mögliche vor. Verdaddert gebot ich ihm Einhalt, konnte ich doch nicht glauben, dass mein bester Freund irgendwelche Bürger vergiftete und erpresste! Um lebend von dem Piratenschiff zu entkommen, mussten wir zusammenhalten, nicht wegen irgendwelchen erfundenen Straftaten gegenseitig zerfleischen!

Und so geschah es, dass wir eine Insel anfuhren, sie uns auf Beibooten auf einen Schwarzmarkt der Piraten verfrachteten und halbnackt in Käfigen für den besten Preis verhökerten: So lernte ich Cimanca kennen. Aber leider.. hatte Vincent unverschämtes Glück im Unglück. Ein Mann namens Cambrück watschelte zufällig an dem Käfig vorbei, und er und Vincent kannten sich! Plötzlich ließ Vincent seinen Akzent völlig fallen, sprach normales Tasperin und überzeugte seinen Freund, ihn zu kaufen! Erbost rüttelte ich an meinem Käfig, schrie Viscount hinterher.. aber er grinste mich nur an. Aber nicht mit seinem üblichen, schelmisch-charismatischem Lächeln, nein: Die Schadenfreude stand ihm ins Gesicht geschrieben, den Schock und die Verwirrung, die ich durchlebte, fütterte seine kindliche Euphorie. Nie werde ich vergessen, wie schallend er mich ausgelacht hat. Nur kurz erleuchtete er mich, und das falsche Spiel, welches er gespielt hat. Er vergiftete Bewohner der Insel und zwang sie dadurch, bei seinen Machenschaften mitzumachen, wenn sie das Gegengift haben wollten. So auch Lia Morris, die in diese Falle getappt ist..

Sie war es, die Vernons Hütte sprengte und die 3 Kelche an sich riss. Sie wurde nie als Geisel genommen bei der Ignatz-Bubis Brücke, sie warf den Kelch danach einfach in den See und stellte sich bewusstlos. Und dadurch, dass ich Viscount den Kelch der Priorei beichtete, konnte er die ganze Geiselnahme erst inszenieren! Dieser miese Dreckskerl war es die ganze Zeit über, der die Kelche entwendet hat.. sich selbst fast getötet hat! Allein auf sein Glück hat er gehofft, das alles durchzustehen.. Und jetzt, da er mit Cambrück die letzten Kelche von den Piraten einfach kaufen würde, reist er nach Neu-Corethon zurück um den LETZTEN angespülten Kelch auch noch an sich zu reißen! Ich schrie ihn an, mich und Lucien freizukaufen, noch könnte er einen Rückzieher machen.. aber er fertigte mich herzlos ab. Diese Freundschaft.. zwischen ihm und mir.. er hat sie lediglich vorgetäuscht. Die einzige Freude, die er empfand war die, mich hinters Licht zu führen. Durch eine gewagte Rettungsaktion, von Vernon, der Garnison und dem Orden durchgeführt, konnten ich und Lucien schlussendlich befreit werden. Wir klärten sie auf, über die Kelche, Viscount, und was geschehen würde, wenn er sie alle zusammensetzt. Wir fassten den Entschluss, dass mein bester Freund geschnappt werden muss.

Auf Neu-Corethon angekommen, lernte ich, dass Ivo, Deyn habe ihn seelig, den angespülten, letzten Kelch in seiner ewigen Blödheit dem Magier Vernon gegeben hat. Vernon im Gegenzug hat den Kelch freiwillig an Viscount abgegeben, da er drohte, mich und Lucien sonst zu töten. Das traute ich Vernon nicht zu, da ich ihn als aller erstes für den Strippenzieher hielt und ich ihn mehrfach verprügelt und mit dem Tode gedroht hab.. vielleicht hatte er nicht nur schlechte Seiten. Dennoch mag ich ihn nicht. Wir drangen in die Spielbude von Viscount ein, wo das erste, was wir taten, war, die Phönixkrone des Sôlerben aus der Vitrine zu heben. Dieses heilige Artefakt war tatsächlich ECHT! Es musste dringend nach Zandig zurückgebracht werden! Nachdem ein Bürger sich weigerte, die Krone auszuliefern und sie für sich haben wollte, wurde er abgestochen und kam kurz darauf wieder ins Leben zurück.. oder so. Es war Wendelin Friedberg, derjenige, der später Dagon rufen würde.. weshalb hat Deyn ihn zurückgeholt? Ich vernahm die unheilige Präsenz Skrettjahs, tiefer in der Spielbude.. weswegen wir die Seitentür in die Katakomben aufbrachen, und tiefer eindrungen, bis wir vor einer kleinen Holzbrücke standen, die einen Bach überquert, und dahinter.. ein Altar, mit den sieben Kelchen in einer Reihe, daneben 2 kleinere Altäre mit jeweils 2 Totenköpfen darauf.. und Vincent Viscount in der Mitte, zu Zelissra betend. Viscount begrüßte uns mit einer Steinschlosspistole, seiner liebreizenden Gefolgschaft, bestehend aus Cambrück und Morris, selbstverständlich beide bewaffnet. Wir waren vielleicht zu fünft, doch hatte nur einer von uns eine Schusswaffe.. 

Doch da gratulierte Viscount mir. Ich hatte, entgegen jeder Erwartung, es doch noch hier her geschafft. Dabei erzählte er mir, dass sein "Glück" allein ihn soweit gebracht hätte, und er deshalb meine Glücksträhne nicht so schnell beenden möchte. Wie so oft, wollte er zu unserem Finale erneut ein Spiel spielen. Er wies den Gardisten Fayett an, seine Steinschlosspistole herauszuholen. Dann posaunte er lautstark, dass nur einer von den Dreien (Viscount, Cambrück und Morris) eine ECHTE Steinschlosspistole hätten. Wir würden den ersten Schuss bekommen. Treffen wir den Richtigen.. haben wir Glück. Treffen wir den FALSCHEN, dann wird Fayett abgeschossen und wir sind ohne Schusswaffe. Und wer musste entscheiden, auf wen geschossen wird? Selbstverständlich.. Ich.

Und, dabei bin ich ganz ehrlich: Als ich mir alle drei so anschaute, wurde mir klar, dass ich absolut keine Ahnung hatte, wer die echte Schusswaffe hat. Es hätte JEDER sein können. Und wie habe ich also herausgefunden, wer die echte Schusswaffe hatte, ihn von Fayett erschießen lassen und so die Situation aufgelöst? Ich habe "Ene Mene Muh" in meinem Kopf gemacht und dabei ist es Cambrück geworden. Er hob noch hasserfüllt seine Hand und ließ durch den Schock des Einschlags den Schuss gegen Decke ab, als er abgeschossen wurde. Vincent warf wahnsinnig lachend seine Schusswaffe in den Bach, gratulierte mir lautstark, und erklärte, dass die ganze Verzögerung gereicht hätte um die Waffe zu vollenden. Resigniert weitete ich meine Augen, als ich sah, was Viscount in seiner Hand hielt: Wo die Kelche einst waren, hunderte von Jahren getrennt, auseinander gehalten.. lag nun ein einziger, goldener Dolch. Gierig ließ Viscount den goldenen Dolch auf einen Schädel neben ihm nieder.. und dieser VERGOLDETE sich! Die Waffe war die ganze Zeit über der sagenumwobene Stein der Weisen, das Artefakt, das alles, was es berührt, in Gold verwandelt! Ich sah die Freude in Viscounts Augen, als er sich umdrah.. keine hasserfüllte, schadenfrohe. Sondern eine erleichterte, als wäre ein unstemmbares Gewicht von seinen zierlichen Schultern gefallen. Da erklärte er uns, weshalb er so lange hinter diesem Kelch her war. Seine Eltern, Großeltern und Verwandten davor waren Alchemisten gewesen, die ihr Leben danach verschrieben haben, den Stein der Weisen zu finden.. die Spur der Eltern brachte sie zu den Kelchen, doch hat die Inquisition sie gefangen genommen, gefoltert und abgeschlachtet, als Vincent noch ein Kind war. Er sah es als Pflicht seiner Blutlinie, jetzt, wo er endlich wüsste, wie man ihn finden könnte, die Kelche zusammen zu trommeln und die Aufgabe zu vollenden. Und als ich ihm in die Augen sah, als er mir seine Aufgabe erzählte.. da verstand ich.

Der Mann, der vor mir steht, war wie ich. Er widmete seinem ganzen Leben dem Stein der Weisen, und ich dem Wunsch, so wie die Sonne werden zu können. Wir Beide hatten immer das Glück auf unserer Seite, kamen aus dem Nichts und vollbrachten doch so vieles.. und nichts und niemand könnte uns aufhalten, niemand würde es wagen dürfen, nach dem, was wir erreicht haben, uns im Weg zu stehen. Beide haben wir so viele Opfer hinnehmen müssen, um unser Ziel zu erreichen, und akzeptieren kein Versagen. Umso mehr schmerzte es mich, zu wissen, dass für einen von uns zweien das Erreichen dieses Ziels nicht möglich sein wird. Es kam, wie es kommen musste. Ordnung gegen Chaos, Gut gegen Böse. Kein Angriff, der auf Vincent einging, erwischte ihn; der Ring des Heiligen Marcos schützte ihn durch unverschämtes Glück. Vincent stach auf mich ein, ich konnte den Angriff mit meinem Schild abwehren.. doch dieser wurde zu Gold und so schwer, dass ich ihn abwerfen musste! Ich bettelte Viscount an, ich FLEHTE ihn an, die Waffe niederzulegen! Noch hat er keinen Mord begangen, er könnte büßen und leben dürfen! Aber er lachte nur und rief uns Beiden in Erinnerung, dass er nicht lebend davon kommen würde. So tritt ich mit all meiner Kraft gegen den Holzbalken, auf dem Viscount stand, und er rutschte ab und fiel in den Bach. Als Viscount im Wasser aufschlug.. erhob er sich.. mit einem blutenden Bein.. und dem Blut an seinem Dolch. Gefüllt mit Schock und Horror beobachten wir die letzten Momente des Vincent Viscount. Er schleppte sich Richtung Ufer, doch fingen seine Beine zuerst an, zu massivem Gold zu werden. Die immense Gier, die ihn von Anfang an antrieb, verwandelte ihn schlussendlich selbst zu einem Schatz. Panisch streckte er seine Hand nach mir aus und rief mehrmals laut meinen Namen, als schließlich auch sein Kopf und die Arme sich verstarrten.

In glaube daran, dass sich die Wege von Vincent und mir noch einmal kreuzen werden. Als Skarabäus Shukran die Insel bedrohte, erwachte er als Goldstatue zum Leben und suchte mich in der Priorei auf, wo wir uns eine Schlägerei lieferten.. welche er selbstverständlich verlor, in dem er aus dem Fenster die Klippe hinab stürzte. Aber auch da sagte er mir, dass es noch nicht vorbei ist.. Vielleicht können wir in diesem Leben noch Freunde werden, Vincent. Ich bete dafür.

*Langsam wischt Franz sich die Tränen von der Helmscheibe, als er das Tagebuch niederlegt. Fest entschlossen, niemanden außerhalb des Ordens je wieder so nahe an sich heranzulassen, widmet er sich nun dem Gedanken, hinter Stahlhammers Kult aufzuräumen..*
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#7
*Griesgrämig starrt Franz auf die vorherigen Tagebucheinträge und verschüttet dabei gutes Siegbräu über den Silberschlag-Eintrag!
Erbost setzt er sich gleich ans Werk und lässt der Wut freien Lauf..*


Vorwort

Na wunderbar, was habe ich jetzt schon wieder verbrochen, dass solch ein Anschlag auf meine Memoiren verübt wird? Vielleicht war Linda Silberschlag, diese teuflische Hexe, wieder am Werk und möchte ihre Vergangenheit vertuschen! NICHT MIT MIR! Und diese Vorworte sind doch auch sinnlos, kann euch doch egal sein, was ich Heute gegessen habe oder wie das Wetter war.. gut, um zu sagen, welchen Dämon ich jetzt wieder die Leviten vorgelesen habe reicht es. Heute ist "die Gehörnte" dran, die Dreckssau Zephala!


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Das schwarze Schaf der Familie - Grasmond 1343

So schnell wurde ich ihn einfach nicht los.. da konnte ich tun, was ich wollte. Es fühlte sich fast schon wie ein schlechter Scherz an, was direkt nach der Vereinigung der sieben Kelche und die Konfrontation mit Vincent Viscount geschah. Noch am gleichen Abend trudelte ein Haufen von verhüllten, rot gekleideten "Wächtern" an, die mich auf dem Nachhauseweg aufhielten. Das waren Schwarzwasser-Wachen, und sie redeten davon, dass sie ab Heute auf Neu-Corethon einen permanenten Außenposten errichteten! Der Gouverneur hat sich von denen schmieren lassen!
Bonhart hat das alles hinter meinem Rücken eingefädelt.. und wir konnten dabei zuschauen, wie sie innerhalb von wenigen Wochen die dekadenteste Sumpfbude mittels Magie errichteten, die ich je in meinem traurigen Leben erblicken musste. Ab dem Moment an habe ich komplett mit Bonhard gebrochen. Wir Solaner waren berechtigterweise empört, dass unser langwieriger Freund und Magierhasser Hadubrand von Drachenberg diesen Schandfleck auf Neu-Corethon duldete. Gerade als wir in der Priorei aufgebracht über unsere Reaktion und den allgemeinen Umgang mit der Schwarzwassergilde diskutierten, klopfte es vor unserer Tür.. 2 Wächter waren so dreist, sich her zu trauen!

Sie gaben vor, einen dringenden Nachricht an den Prior zu haben, weswegen wir sie vorerst eintreten ließen. Noch bevor wir sie auch nur ein Wort gesprochen hatten, zogen sie ihre Helme von den Köpfen - uns starrten 2 schnauzbärtige Zwillinge an! Sie stellten sich gegenseitig mit den Namen Meier und Meyer vor, Agenten des Renbolder Orden, die im Auftrag des silvanischen Kirchenrats sich in der Akademie als Wächter eingeschleust hatten um ihre Aktivitäten auf Neu-Corethon zu überwachen. In einer ganz eigentümlichen Art, die Sätze des anderen zu beenden, sprachen sie davon dass sie bereits jetzt auf ihrer Ankunft schwarzmagische Aktivitäten feststellen konnten. Noch war es nur ein Bauchgefühl der Beiden, doch sie wären sich sicher, dass irgendwo auf Neu-Corethon die faulige Präsenz von Zephala spürbar wird, mit jedem Tag ein wenig stärker. Laut ihnen bestand kein Zweifel daran, dass Kultisten auf Neu-Corethon ihre Präsenz herbeirufen würden. Da der Beginn der Aktivität sich mit der Festigung der Schwarzwassergilde deckte, würden sie diese als Wächter infiltrieren und unter die Lupe nehmen. Auch wenn diese Nachricht uns beunruhigt, so waren wir doch froh, dass unser Flehen am Festland erhört wurde! Es gingen einige, ruhige Wochen ins Land, in denen wir keinen Kontakt zu den Spionen Meier & Meyer hatten. Sie würden sich melden, wenn sie neues erfahren würden, und zu oft würde mit ihrer Tarnung ein Risiko darstellen: Immerhin hat der Kirchenrat sie persönlich auserkoren, ein auffliegen ihrer Aktivität würde nicht nur sie sondern auch uns in Schwierigkeiten bringen!

So wurde es auch wieder Heumond und wie jedes Jahr würden wir in dem Monat des Hl. Sôlerben eine Visite vom Festland bekommen, die den Stand unseres Orden erfragen. Komtur Konrad von Erlichshausen kennt uns nun schon eine Weile, und auch wenn er nicht jede Geschichte glauben mag, die wir ihm erzählen, so erfreute er sich ganz besonders als wir ihm die gestohlene Phönixkrone des Hl. Sôl überreichten, damit diese zurück an ihren rechtmäßigen Platz, der Tempelanlage Londanor's in Zandig, finden konnte. Freundlicherweise brachte er einen Brief aus dem Herzen des silvanischen Glaubens, Carviel, für Raphael mit: Sein Bruder und Erzdekan Michael Bonnington schrieb über den Streit, der am Festland über den Stein der Weisen ausbrach: Kirche, Krone und Schwarzwasser tauziehen um das mächtige Artefakt, unschlüssig, wer es bekommen und wie damit verfahren werden soll. Aber der Brief brachte auch erfreuliche Kunde: Er kündigte den Besuch meines Bruders, Werner Gerber, an! Als Riedländer Ordensritter und Leibwache des Erzdekan Bonnington trat er in meine Fußstapfen, was mich unheimlich stolz auf ihn machte, die Nachricht seiner baldigen Ankunft rührte mich zu Freudentränen.. mein kleiner Bruder, auf Neu-Corethon! Und nach wenigen Wochen sahen wir uns endlich wieder.. in seiner aufwendig geschmiedeten Zwiebelrüstung, die seine schweren Knochen tragen können, tranken wir Siegbräu, sprachen über die Heimat und unsere Eltern als auch über die Eigenheiten der Bonningtons. Auch weihten wir ihn über die wachsende Präsenz Zephalas auf Neu-Corethon ein; passend kontaktieren uns die Renbolder Spione. Sie haben die Quelle der Präsenz im Norden, genauer gesagt die Himmelsgipfel geortet; noch am gleichen Tage pilgerten wir eilig in die Berge, gerüstet und kampfbereit. Was wir fanden, beunruhigte uns zutiefst;

Wir fanden Kratz- und Bearbeitungsspuren beim Siegelaltar im Norden! Wer auch immer dort war, hatte versucht, sich zum Siegel Zugang zu verschaffen, doch war kläglich gescheitert! Er wusste nicht, was man tun musste, um Eintritt zu erlangen, nämlich:

*Wildes nachträgliches Ausstreichen der Worte machen jene völlig unlesbar..*


Aah, ich Dummkopf! Wenn ich das hier reinschreibe und jemand außerhalb des Ordens dies liest, dann kann ich gleich zu Skrettjah konvertieren. Dieses Wissen darf niemals in die Hände unserer Feinde oder der Gemeinde gelangen, unter KEINEN Umständen. Jedenfalls konnten wir zertretenes Gras vor Ort als Fußspuren ausmachen, die uns zu einer Höhle führten: Das alte Versteck und Labor des Schwarzmagier Danals.. der Geburtsort der ersten Sünde auf Neu-Corethon. Die Verwunderung stand uns im Gesicht geschrieben, als Werner etwas seltsames am Eingang der Höhle fand. Dort im Schutt liegend, in dem Schein unserer Fackeln spiegelnd.. lag ein alter Ehering? Lieblich und präzise eingraviert waren die folgenden Worte: "Für E." Da wir vermuteten, dass der Missetäter sich noch in der Höhle befinden musste, wartete Werner am Eingang und sorgte dafür, dass keiner rein- oder raus konnte. Umsichtig forschten wir die dunklen, engen Gänge aus, bis wir in ein offensichtlich chaotisches, frisch benutztes Alchemielaboratorium stießen, vermutlich das von Danal benutzte; Seltsamerweise fanden wir auch hier die Beschreibung einer Pflanze, welches Viscount bereits suchte: Ra'Ehzel. Eine leicht violette, gelb gepunktete, fleischige Plfanze mit vier großen, fanartigen Blättern zu den Seiten hin. Auch fanden wir eine kleine, mit Baumwolle gefüllte Nachahmung eines Bären, die überhaupt nicht in das Bild passte. War der Kultist noch nicht groß geworden und schläft noch mit seinem Spielzeug ein? Erbärmlich!

Ein lautes Geräusch stellte uns allen die Haare am Nacken auf. Erschrocken drehten wir unseren Kopf gen Eingang.. dieses laute Geräusch war der schmerzhafte Schrei meines kleinen Bruders. Als wir hechelnd am Eingang ankamen, lag er dort, mit einer Beule im Helm: Bewusstlos, aber noch atmend. Der Ring, auf den er so wankemütig aufpasste, war verschwunden..
Der Anblick, der sich mir bot, versetzte mich sofort wieder in meine Kindheit. Auch früher wurde Werner schon Opfer von bösartigen Menschen, die sich über ihn lustig machten und ihn verprügelten. Ich bin sein großer Bruder, und habe nicht gut genug auf ihn aufgepasst.. erneut wurde ihm weh getan. Selten habe ich so eine brennende Wut in mir verspürt.. ich war wieder bereit, es mit ganz Athalon aufzunehmen, um Werner's Lächeln zu bewahren und seine Peiniger zu bestrafen.

Wir zerbrachen uns den Kopf über das Gefundene. Wer war "E"? Was hat der Bär dort verloren, und warum suchte auch dieser Kultist nach Ra'Ehzel? Die Antworten darauf suchten wir in dem Nachlass der verbrannten Hexe Lia Morris: Ihr wurde die Huldigung Zephalas nachgewiesen. Ja, nicht lange nach der Konfrontation mit Viscount ist sie erneut in die Fänge der schwarzen Ziege geraten. Doch dieses Mal war sie unrettbar tief verwickelt.. möge der Scheiterhaufen sie errettet und Sôlerben sie gerichtet haben. Das Buch in ihrer Habe hätte uns Einsicht in die Verehrung von Zephala und damit auch unseren unbekannten Kultisten und seine weitere Vorgehensweise bieten können, doch auch hier schien er uns einen Schritt voraus zu sein.

Als wir das okkulte Buch bei der Garnison mit Werner abholten, erklang das Geräusch von zerspringendem Glas am Raphael Bonnington-Platz, gefolgt von einer dichten Rauchwolke, die uns alle einhüllte. Leibecht und Habinger warfen sich alarmiert sofort mit in den Rauch; wir rangelten um das Buch und um den Dreckskerl, der es uns nehmen wollte! Als der Nebel sich aber lichtete, stellte sich heraus, das wir uns alle nur gegenseitig auf die Schnauze gaben! Das Buch war verschwunden, und wir lagen da übereinander wie der Haufen Vollidioten die wir waren! Nichts und niemand hatte jemanden vom Prioreisberg flüchten sehen.. das machte mich zum ersten Mal stutzig. Gegen wen kämpften wir? Einen Magier, der sich sofort wegzaubern konnte, oder gar deinen Dämon mit übermenschlichen Fähigkeiten?

Die folgenden Nächte hatte ich sehr lebhafte Albträume, jedes einzelne Detail brannte sich in mein Gedächtnis. Sie alle hatten keine Bedeutung, bis auf einen. Dieser war aber kein Albtraum.. es war eine fehlendes Erinnerungsstück, welches sich in der tiefsten Tiefe meines Geistes versteckt hielt, zu schmerzhaft und tragisch, weswegen es verdrängt wurde. Die Kirche in Silberlauf. Ich war 9 Jahre alt und stand in der Nase bohrend vor dem Altar.. der Herr sprach zu mir, oder bildete ich mir das nur ein? Er sprach davon, dass ich eines Tages großes vollbringen werde.. und er auf mich baut. Ich grinste dumm und dämlich vor mich hin, als Werner die Kirche stürmt. Er schrie mir etwas zu.. jemand ist in den Fluss gefallen. Er ertrinkt.. doch wer war es? Schweißgebadet und schreiend wachte ich auf. Sofort konfrontierte ich Werner, der mich aber sofort beruhigen konnte.. es war ein Traum, und nicht mehr, so flüsterte er mir zu. Ich brauche mir keine Sorgen zu machen. Doch die Sorgen wurden nicht weniger, im Gegenteil. Der Einfluss Zephalas wurde jeden Tag stärker, und wir konnten nur zuschauen. All unsere Mühen waren umsonst. Doch es war nicht genug Demütigung für unseren Feind..

Ich erschauderte vor Schock, als ich gerade von einem Essen in der Taverne zurückkamen und sahe, was sich auf dem Prioreisberg in meiner Abwesenheit abgespielt haben muss. Er hat uns frontal angegriffen, mitten vor unserem Zuhause, der Priorei. Habinger lag schwer verwundet, um sein Bewusstsein kämpfend, am Boden.. und von Leibecht war keine Spur zu finden. Nie werde ich den Ausdruck auf Habingers Gesicht vergessen, als er den herbei eilenden Raphael erblickte: Er war zutiefst erschüttert, enttäuscht und wütend zugleich. "Was habt ihr getan.. ihr Monster!" Schrie er ihm hasserfüllt entgegen, bevor Renbold ihn in einen tiefen Schlummer versetzte. Ich zweifelte nur einmal in meine Leben an Raphael Bonnington und seine Taten, und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich es nach Habingers verzweifeltem Ruf tat. Er war sich so sicher um das, was er erlebt hat und würde seinen geliebten Prior nie ohne Beweise anschuldigen.. mein geistiger Zustand verschlimmerte sich täglich, mit all den Zweifeln um Raphael und der Entführung Leibechts im Hinterkopf.

Der Traum um Silberlauf suchte mich jede Nacht heim, und immer endete er kurz bevor ich wusste, wer in den Fluss gefallen war. Doch am Tag nach dem Angriff.. träumte ich glasklar. Mein instabiler Verstand war nicht mehr in der Lage, die Erinnerung zu unterdrücken, die drohte, meine ganze geistige Gesundheit in den Ruin zu stürzen. Die Kirche in Silberlauf. Ich war 9 Jahre alt und stand in der Nase bohrend vor dem Altar.. der Herr sprach zu mir, oder bildete ich mir das nur ein? Er sprach davon, dass ich eines Tages großes vollbringen werde.. und er auf mich baut. Ich grinste dumm und dämlich vor mich hin, als Werner die Kirche stürmt. Er schrie mir etwas zu.. jemand ist in den Fluss gefallen. Er ertrinkt.. doch wer war es? Mit Tränen in den Augen und vor Terror zugeschnürter Kehle stürmte ich an den Fluss. Dort sah ich ihn.. den Solaner Ordenspriester Silberlaufs, wie er in den Fluss starrte. Weshalb stand er da? Was hat er getan? Er versuchte, mich davon ab zu halten, ihm hinterher zu springen, doch schon damals war ich ein Sturkopf und stürzte mich kopfüber in die Fluten. Verzweifelt schrie ich nach ihm.. tauchte mehrmals unter, bis mich meine Kräfte verließen und der Fluss mich schluckte. Die Wassermassen füllten meine Lunge, ich fühlte das Leben aus mir rinnen.. mit meinem letzten Atemzug rief ich nach ihm. Patrick.

Ich zerrte Werner mit all meiner Kraft aus der Speisekammer und pfefferte mit meiner gepanzerten Rückhand auf seinen Helm ein. Er und meine Eltern wussten es all die Jahre, doch haben sie mich meinen zweiten Bruder vergessen lassen! Sie hielten es für besser, ich würde ihn ganz vergessen, als den Schmerz seines Todes die Jahre mit mir tragen zu müssen.. der Solaner Ordenspriester hat meine Erinnerung an diesen Vorfall unterdrückt, doch Heute war der Bann gebrochen. Ich umarmte Werner, klammerte mich an ihn.. und so weinten wir Beide. Um die verlorene Zeit.. die verpassten Momente.. und das traurige Schicksal Patricks.

Doch noch war Skrettjah noch nicht fertig mit mir. Der Schock saß sehr bald noch viel, viel tiefer als das, was ich jetzt durchmachte, den "erneuten" Tod meines Bruders. Noch am nächsten Tag stürmten die Renbolder Spione unsere Priorei; Mephalas Einfluss auf Neu-Corethon hat bald den alles vernichtenden Höhepunkt erreicht! Dadurch, dass die Gehörnte fast schon zum greifen nah in unsere Welt eindrang, hatten die Renbolder Sie auch endlich lokalisieren können: Die Quelle war der Prioreisberg selbst. So wahr Deyn mein Zeuge war, war ich wirklich kurz davor, meinen eigenen Prior festzunehmen. Habinger war noch nicht ansprechbar, Leibecht entführt.. hat Raphael mich wirklich verraten? Doch bevor ich den (vermutlich) größten Fehler meines Lebens hätte begehen können, meinten die Renbolder dass die Quelle eher "unter" dem Prioreisberg sei.. es muss die alte Ordensgrotte sein! Als ich den Schlüssel für die Grotte suchte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ich hatte ihn garnicht mehr! Wie lange schon? Keine Ahnung! Jemand muss ihn mir im Schlaf abgenommen haben.. aber wer, wer war es nur? Haben wir doch einen Verräter in unserer Priorei? Die Zeit zum grübeln war schon längst vorbei, eilig stürmten ich, Jule, Salvyro, Raphael, Werner und die Renbolder die Grotte. Die Tür war tatsächlich offen und unverschlossen.. doch bevor ich eintreten konnte, zerrte mich Meyer am Ärmel. Besorgt schaute er mir in den Helmschlitz, bot mir zur Vorsicht und überreichte mir seinen mit schwarzem Karneol versehrten Armreif, das Markenzeichen des Renbolder Ordens. "Möge der Heilige Renbold mit euch sein, Freunde, wir sorgen dafür, dass niemand diese Höhle verlassen kann", sprachen die Spione gleichzeitig.

So traten wir die Höhle hinab.. bis an die Klippe, die an den Meeresgrund führte. Dort lehnte sich eine Gestalt an das alte, morsche Holzgeländer.. und sprach zu uns.[/color]
"Schön, dich endlich wieder zu sehen.. BRUDERHERZ!"

Es war Gabriel Bonnington, Raphaels Bruder. Der Wahnsinn stand ihm in den Augen geschrieben, als dieser über das Geländer hüpfte und in die tieferen Gefilde flüchtete. Raphael, Jule und Salvyro starteten sofort hinterher, ich war zu langsam, und als sie sich an das Holzgeländer lehnten stürzten sie in die Tiefe! Verzweifelt schreiend schaute ich die Klippe hinab.. und sah lediglich einen alles verschlingenden, violetten Nebel. Hilfesuchend drehte ich mich zu meinem kleinen Bruder um, und rief gerade seinen Namen.. da merkte ich, wie er mit vollem Anlauf auf mich zu stürmte. Seine Schulter rammte sich in meine Brust und schleuderte mich in den Abgrund, doch konnte ich mich wie durch ein Wunder mit einer Hand an einem Steinvorsprung festhalten. Mit zittriger Lippe starrte ich nach oben.. verängstigt, eingeschüchtert.. verraten. Seelenruhig kniete er sich zu mir nieder.. nahm die Hände an seinen Zwiebelhelm und zog ihn von seinem Kopf. Und als ich ihn sah.. verließen mich meine Kräfte. Ich ließ los und fiel.. so tief.. so unendlich tief und lang. Ich kämpfte darum, seinen Namen zu schreien, doch schaffte ich nur ein leises, todgeweihtes Murmeln. Erneut füllten sich meine Lungen mit tiefer Schwärze, ich fühlte das Leben aus mir fließen..
Patrick.

Ich wachte in einem Bett auf.. meine Rüstung fühlt sich seltsam luftig an. Als ich die Decke hebe sehe ich, dass ich ein langes Hemd trage.. ein Kleid, könnte man meinen! Seltsam. Neben mir liegen Raphael, Salvyro und Jule.. sie tragen dasselbe Gewand. Als ich mich weiter umblicke, merke ich.. dass ich den Raum nicht wieder erkenne. Wo bin ich? Dort sind Silberschlaglampen an der Decke.. und überall seltsames, fein geschmiedetes Metall. Plötzlich ging die Tür auf und Lucien kam herein, doch auch er trug.. seltsame, lange, weiße Kleidung! Genervt fragt er, wie es uns Heute geht, und als er Raphael genervt anseufzt reichte es mir. Ich stand auf, hob meine Fäuste und drohte diese zu benutzen, sollte er nicht sofort respektvoller sein! Plötzlich stürmten Leibecht und Habinger den Raum, beide hatten sie seltsame Helme auf und drückten mich sofort auf das Bett, meine Befehle einfach ignorierend! Mit der Anweisung, mich zu beruhigen, rammten sie mir einen spitzen Gegenstand in den Arm.. und schon bald entspannte ich mich, und meine Wut zerrinnte wie flüssiges Wasser, wie meine Fähigkeit, zu denken. Erst einige Stunden später kam ich wieder zu mir.. wir waren noch in unserem Zimmer. Raphael meinte, wir wären in einer "Irrenanstalt". Alle wären hier, die auch auf der Insel sind: Der Anstaltsleiter Hadubrand von Drachenberg, seine Sekretärin Gloria Celest, der Chefarzt Lucien Avicenna und der Psychologe Arnwald Recht.. sogar Hausmeister Paule Pfeiffer war hier! Laut ihnen.. war alles, was wir erlebt haben, nur eine Erfindung unseres Kopfes. Es gibt keinen Solaner Orden.. auch keinen Deyn Cador oder Skrettjah. Alles nur Geschichten, die wir unseren verwirrten Köpfen erzählen. So sagten es auch die Briefe.. Werner schrieb mir und meinte, ich müsse die Realität endlich akzeptieren. Neu-Corethon wäre nur eine Ausrede um meinen traumatischen Erinnerungen zu entgehen.. aber wie, bei allen Zwölf Heiligen, hätte ich das glauben sollen?

Wir weigerten uns, diese Lügen zu schlucken. Das letzte, was wir wussten, ist, dass wir die Grotte betreten haben: Das hier alles kann nicht echt sein! Doch wie würden wir aus dieser verzerrten Realität flüchten können? Sofort tüftelten wir einen Fluchtplan aus.. Laut dem geistesgestörten Balek Revendor haust "Patient X" im Keller, in Einzelhaft, weggesperrt von dem Rest. Er hätte genau das Gleiche wie wir behauptet: Das nichts hier real ist, und nur er den Ausweg weiß. Da wurde klar, was wir tun mussten. Habinger, solltest du das hier lesen, dann vergib mir, aber wir haben dein anderes Ich niedergeschlagen und seine Schlüssel genommen.. immerhin hast du das Gleiche mit mir gemacht, also gleicht sich das irgendwie aus! Jedenfalls.. war es unsere einzige Möglichkeit, Zugang zu Patient X zu gelangen.. und siehe da, wer war es wohl? Natürlich Vernon Bonhart, die Dreckssau! Nur seine Freilassung konnte ihn dazu bringen, uns die Fluchtmöglichkeit zu zeigen.. und so taten wir das. Krankhaft lachend wies er uns an, eine große Maschine außer Gefecht zu setzen. Das würde alle Türen öffnen und für genug Chaos stiften um auf das Dach zu flüchten; dort müssten wir nur "springen".
Der Anstaltswächter Haytham Beauperie schnüffelte wiedermal zu tief und wurde von dem wahnsinnigen Bonhart angefallen und bei lebendigem Leibe verspeist, während wir mit Ach und Krach auf die erwähnte Maschine einschlugen und damit die ganze Anstalt auf den Kopf stellten. Von überall her dröhnte ein warnendes, klingelndes Geräusch, wie ganz schnelle Kirchenglocken und die Silberschlag-Lampen wechselten auf ein bedrohliches Rot und alle Insassen waren von ihren Zellen befreit. Sie alle rannten uns hinterher, bis auf das Dach, flehend, es nicht zu tun: Doch wir hatten keine Wahl. Wir hielten uns an den Händen und stürzten uns von dem Dach.. Schwärze.

Doch als wir wieder aufwachten standen wir nicht vor dem Heiligen Renbold, sondern lagen angekettet in der Grotte. Wir sahen Gabriel vor einem gotteslästerlichen Altar und Patrick in Werner's Rüstung als auch den bewusstlosen Leibecht auf einem Altar. Doch ein Wesen stellte sich dem Tun Gabriel's entgegen: Es war die gepeinigte Seele von Raphaels Mutter, Elise Bonnington. Es war ihr Ehering, den wir in der Höhle fanden (Für E.) und Gabriel war es, der in das Siegelheiligtum einbrechen wollte.. Leibecht diente als Körper, um Elise wieder in unsere Welt zu holen. Das war Gabriels Ziel.. seine eigene Mutter wieder in seinen Händen halten zu können. Und Patrick? Vermutlich nicht mehr als ein Werkzeug Gabriels, so wie ich ein Werkzeug Raphaels bin und Werner ein Werkzeug Michaels. Alles war nur vorgetäuscht. Patrick ließ die Rauchbombe am Prioreisberg selbst fallen und steckte das Buch einfach in seine Rüstung, so wie er den Überfall auf Danals Höhle mit Gabriel absprach.. doch, warum sitzen wir nun hier und sehen zu, wie die Seele Elise's gequält und flehend darum bettelt, sie gehen zu lassen?
Wir lebten noch.. und schaute auf meinen scharfen, mit schwarzem Karneol besetzten Armreif an meinem Handgelenk. Wir reibten die Fesseln an diese und befreiten uns während der Beschwörung.. als Patrick uns bemerkte, zogen wir bereits unsere Waffen. Raphael lieferte sich ein göttliches Duell mit Gabriel; jener feuerte konzentrierte Schwarzmagie auf seinen Bruder, während Raphael mit heiligen Flammen und göttlichen Blitzen konterte. Die Höhle bebte und donnerte, aufhellende Lichtstöße und einsaugende Schwärze wechselten sich gegenseitg ab während schon Steine bedrohlich von der Decke fielen als diese ebenbürtigen Gewalten auf einander stießen. Und mitten in all dem lieferte ich mir einen Schaukampf mit meinem Bruder, auch wenn es nur darin bestand, seine Angriffe abzuschmettern.
Als Jule und Salvyro jeweils einen der verlorenen Schafe ins Visier nehmen wollten, schrien Raphael und Ich in unserer fürsorglichen Verzweiflung auf, Einhalt zu gebieten. Keiner war bereit ein weiteres Familienmitglied zu verlieren.. nicht einmal Gabriel und Patrick. Hoffnungslos schrie ich Patrick an, endlich seine Waffe niederzulegen.. doch dieser dreschte lediglich hasserfüllt auf mich ein. Ich hatte ihm nicht geholfen, als der Solaner Ordenspriester in Silberlauf ihn in den Fluss warf.. ihn ermorden wollte, ein unschuldiges Kind! Und da das Gerber Blut in ihm fließt, vergibt er niemals und nimmer: In seinen Augen waren alle Kleriker verräterische Heuchler, die vernichtet gehören. Und als ich diese Worte hörte.. ließ ich meine Waffe fallen und sank auf meine Knie. Patrick hatte recht, ich habe versagt. Ich konnte ihn weder aus dem Fluss zerren, noch konnte ich den Solaner Ordenspriester zur Rechenschaft für seine Tat ziehen. Als er Werners Zweihänder hob, schloss ich meine Augen. Ich war bereit, für meine Sünden zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Die Höhle bebte in lebensgefährlichem Ausmaße, als Patricks Schwert herabsauste.. doch verfehlte es mich um Haaresbreite. Die Phönixfeder auf meinem Topfhelm gleitete sanft zu Boden.. während ich zu meinem Bruder aufschaute.. da merkte ich, wie er mit vollem Anlauf auf mich zu stürmte. Seine Schulter rammte sich in meine Brust und schleuderte mich nach hinten, doch hatte er dieses Mal nicht die Absicht, mich zu verletzten. Seelenruhig lächelte er mir zu.. als ein riesiger Felsbrocken auf ihn herabstürzte und ihn vor meinen Augen erschlug. Patrick war in seinen letzten Momenten meine Sicherheit wichtiger als die Eigene. DAS ist die Wahrheit über meinen Bruder, egal was diese Raubritter oder irgendwelche Ordenspriester über ihn sagen! Möge er noch so viel schlechtes getan haben, wäre ich nur wenige Momente früher da gewesen in Silberlauf wäre das alles nicht passiert! Auch der Kampf zwischen Gabriel und Raphael fand ein Ende; freiwillig flüchtete er mit uns aus der einstürzenden Höhle. Als wir die lange Klippenleiter erklommen haben, warteten bekannte Gestalten bereits auf uns: Meier, Meyer, Michael und Werner - in seiner Unterhose..

Gabriel Bonnington wurde festgenommen und auf die Gefängnisinsel Sherrington in Weidtland verfrachtet. Er reiste mit Michael und Werner wieder ab. Die Renbolder Spione Meier & Meyer hatten ihre Mission erfüllt, mit der Konfrontation in der Ordensgrotte schwand auch die Präsenz Zephalas auf Neu-Corethon und auch sie verließen die Insel, auf ihren neuen Auftrag vorbereitend.. Doch während Raphael nach vorne schauen konnte, musste ich mit meinen eigenen Dämonen fertig werden. An einem Tag hatte ich einen Bruder dazu gewonnen und noch am gleichen wurde er mir wieder genommen. Patrick war ein zweites Mal gestorben.. und ein Teil von mir mit ihm.
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#8
Vorwort

Ehrlich gesagt.. fehlen mir die Worte, um anzukündigen, was kommt. Ich habe eine zu große Einsicht in meinen Platz auf Athalon und die Wurzel allen Übels erlangt, um noch irgendetwas theatralisieren zu können, was mir geschah. Der Schrecken der Tiefe, Soahr, streckte dieses Mal seine Fühle in unsere zerbrechliche Welt hinaus, um unseren besten Anwalt mit in die Tiefe zu schleifen.

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Das höchste Recht - Grasmond 1343 - Teil I.

Arnwald Recht war nicht nur ein guter, frommer Mensch, sondern auch ein hervorragender Anwalt. Er studierte mit seinem Freund, Pater Jörn, gemeinsam an der gleichen Universität in Ostmark Jura, bis dieser den Weg der Theologie einschlug und ein Domenicaner wurde. Als dieser lispelnde, stotternde, gebückt gehende Mann in Neu-Corethon eintraf waren wir ob seiner Gestalt natürlich etwas skeptisch, ließen ihn aber nichts desto trotz in unserem hiesigen Orden übernachten. Jörn schrieb sehr viele Bücher; er kam nach Neu-Corethon in der Hoffnung, eine Schreibblockade lösen zu können und nebenbei seinen alten Freund besuchen zu können. Es dauerte nur ein paar Wochen, als unangekündigt 3 ominöse Gestalten auf einem Schiff mit sorridianischen Segeln den Hafen von Neu-Corethon betraten. In roten Roben gekleidet gaben sie sich als sorridianische Priester aus, was mir natürlich gewaltig gegen den Strich ging. Doch einer hielt es wohl für notwendig, diese Sorridianer in den Schutz zu nehmen, als auch mich auf offener Straße zu beleidigen. Zu blöd, dass es der oberste Gardist, Haytham Beauperie, war. Als ich ihn in meiner Stummheit vor den Augen der gesamten Gemeinde, als auch den der "Priestern" in die Bewusstlosigkeit prügelte, zog das einen ganzen Rattenschwanz an Verhaftungen innerhalb des Ordens nach sich, gefolgt von einer Eskalationsspirale von Ordensmitgliedern und Gemeindemitgliedern, die sich gegen die Skrupellosigkeit des damaligen Hautpmannes ,Franz Joseph Riemer, richtete. Sogar Raphael hat er einkerkern lassen, dafür, dass er einen friedlichen Protestmarsch mit Kerzen bis vor die Tore der Garnison geführt hatte. Ich habe wirklich selten nicht nur so einen machthungrigen Frevler, sondern auch einen so dreisten Vollidioten im Posten des Hauptmannes erleben dürfen, der es trotzdem noch (auch wenn nur für kurze Zeit) zum Gouverneur geschafft hat. In dieser Situation vertrat er uns vor Gericht, auch wenn er gegen die Willkür des Hauptmannes und den beeinflussbaren Gouverneur nur schlecht erwehren konnte.

Es dauerte Wochen, bis wir wieder auf freiem Fuß waren und ausgepeitscht wurden, alles Zeit, in denen diese Sorridianer der Gemeinde häretische Worte ins Ohr flüstern konnten. Doch, was sahen wir da: Einer dieser Sorridianer UND ein ketzerischer Ureinwohner liefen uns direkt in die Arme, sie standen direkt vor der Priorei! Die Pappnasen hätte ich sofort fertig gemacht, wenn sie nicht ihre Kopfbedeckungen abgemacht und sich zu erkennen gegeben hätten: Die Renbolder Topspione, Meier & Mayer, waren wieder im Dienst auf Neu-Corethon! Die alten Haudegen waren uns wiedermal 100 Schritte voraus. Mayer spähte den Bororo-Stamm auf der Insel aus, während Meier die Sorridianer infiltrierte.. doch waren sie gar keine sorridianische Deynisten, wie Meier und besorgt berichtete. Die Abgesandten, die auf Neu-Corethon eintrafen, waren in Wahrheit Kultisten des lebenden Gottes; einer ketzerischen Bewegung, die sich im sorridianischen Bürgerkrieg formte und durch Bestechungen, Drogen und Magie neue Anhänger für ihren Glauben gewinnen. Dabei beten sie einen lebenden Mann an, einen mächtigen Magier, dessen wahre Identität nicht bekannt ist. Obwohl diese Bewegung ausschließlich im südlichen Leändrien aktiv ist, behält die silvanische Kirche dennoch ein wachsames Auge auf Sie, und ihre Präsenz in Neu-Corethon beweist, dass sie auch außerhalb von Sorridia tätig sein möchte. Meier mischt die Tränke der 3 Abgesandten, wodurch er sicherstellt dass kein Bürger einen echten Drogencocktail trinkt; Um seine Mission nicht zu gefährden, durften wir die Kultisten auf keinen Fall sofort hochnehmen, sondern bis auf die Erlaubnis der beiden Spione warten; ein Befehl von der obersten Befehlsebene der silvanischen Kirche, vielleicht sogar dem Pontifex Bimon Sitcus selbst?

Aber trotz der Anwesenheit der wahrscheinlich besten Spione, die der Renbold-Orden zu bieten hatte, flaute die Unsicherheit in meinem Magen nicht ab. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein leider zu gutes Bauchgefühl dafür entwickelt, wann der nächste Schrecken über unseren Orden hinwegfegt, wann die nächste "Prüfung" kommt. Die Quelle alles Bösen, welches sich uns entgegenwirft; wo hatte sie ihre Wurzel? Es ist närrisch, es auf die Schwarzwassermagier zu schieben, doch in schwerwiegenden Zeiten hält es mich bei Sinnen, sie als die Sündenböcke hinzustellen. Wenn es uns verboten wird, die Wahrheit auszusprechen, ist es unsere einzige Möglichkeit, eine Erklärung auf diese unerträglichen Situationen zu finden. Skrettjah und seine Dämonen sind nicht greifbar, doch die Magier sind aus Fleisch und Blut, sie fürchten sich vor unserem Hass und unserem feurigen Glauben. Gegen einen Erzdämonen kann man als einfacher Bürger nicht aufmarschieren, doch gegen ominöse Zauberwirker, die in einem einst verhexten Sumpf, der vielen Bürgern das Leben gekostet hat, ihre Späßchen treiben? Nicht, dass die Neu-Corethoner Bevölkerung das jemals täte, ihren Glauben sehen sie nur in den guten Dingen, für sie kann Deyn Cador nur gutes wollen; jeder Scheiterhaufen, jede Läuterung, jede heilige Flamme die auf die Ketzer niederfährt und göttlichen Blitze die auf Dämonen niederschießen sind für sie nicht mehr als Manifestationen des Hasses, nicht eine Manifestation der göttlichen Gerechtigkeit und der Macht unseres Herren, nichts, was ihrem Bild von Deyn Cador gleicht. Der Herr und die schwarze Ziege bekämpfen sich bereits seit Anbeginn der Zeit, und höchstwahrscheinlich werden sie es bis zum Ende der Zeit selbst tun. Ein friedfertiger, pazifistischer Deyn Cador hätte seine Hand nie gegen Skrettjah erhoben, er wäre beim ersten Hieb des Mannsweibes ihr zum Opfer gefallen! In diesem ewigen Ringen der Götter können am Ende nur jene siegreich hervorgehen, die mit Feuer und Schwert ihre Feinde niederstrecken!

Nur wenige Tage, nachdem die Kultisten des lebenden Gottes die Insel unsicher machten, bemerkten wir, wie der sonst schon verschrobene Pater Jörn mit noch zittrigerer Stimme sprach; Schweißausbrüche verfolgten ihn sogar bis in den Speisesaal der Priorei, und dort brach auch schließlich der Redeschwall aus ihm heraus. Pater Jörn offenbarte, warum er wirklich auf Neu-Corethon war: Es war bei weitem keine einfache Schreibblockade, wie er es behauptete. Er war in Wahrheit Martynas Litwer, auf der Flucht vor der sorridianischen Inquisition und musste sich auf Neu-Corethon absetzen! Er interpretierte die Ankunft der drei sorridianischen "Gelehrten" als die Überbleibsel des sorridianischen Glaubens, die Reste dieses gepeinigten Glaubens, die ihn für seinen Frevel richten wollen. Dieser Frevel, der ihn aus seinem Heimatland trieb, heimgesucht von einem religiösen Bürgerkrieg zwischen dekadenten, sorridianischen Deynisten und rücksichtslosen Kultisten des lebenden Gottes.. es war nichts geringeres als eine Transkribierung des wichtigsten Werkes auf Athalon; die Übersetzung der heiligen Schriften in die sorridianische Sprache! Die heilige Schrift konnten nur jene lesen, die sich der Theologie widmeten und die ausgestorbene Sprache altsorridianisch lehrten, die Sprache, welche einst Jakobus und all seine sorridianischen Söhne, die Gottimperatoren des einst großen und starken Sorridia, sprachen. War es für uns als Solaner, ein Orden der noch Heute die sechs Gebote und die Heilige Schrift als das Maß aller göttlichen Dinge sehen, vertretbar einen solchen Mann zu schützen? Auch wenn wir uns da unsicher waren, wussten wir alle, dass wir diesen Mann auf keinen Fall den Kultisten des lebenden Gottes ausliefern konnten; Pater Jörn durfte nicht erfahren, wer diese Männer wirklich waren. Wir nahmen ihn schlussendlich unter unsere Fittiche.. bis wir wussten, wie wir mit der Situation umzugehen war. Eine spürbare Spannung lag über dem Städtchen Neu-Corethon. Die Beziehung zwischen der Garnison und der Kirche war schon lange in offene Feindseligkeit gemündet, und zu allem Überfluss schlichen 3 Ketzer durch die Gassen, auf der Suche nach jenen, die nicht im Fest genug im Glaube waren und sich gegen ihn aufhetzen ließen. Eine größere Eskalation hielt ich für unvermeidbar, es würde nicht mehr lange dauern, bis Blut auf den Straßen fließen würde.. doch leider floss das falsche Blut.

Arnwald Recht rief eine Sondersitzung des Stadtrates ein, Raphael meinte lediglich dass er eine besondere Entdeckung gemacht hatte, die er dem Stadtrat und dem Orden berichten musste. Der Stadtrat bestand damals aus Gloria von Drachenberg, Lorenzo LaRoso, Zacharias Volckel, Swen Stahlhammer, Florian Gerhardt und Franz Joseph Riemer, mit Raphael Bonnington als geladenen Gast. Diese Sieben waren es dann auch, die den grausigen Fund im Stadtratsgebäude Neu-Corethon machten, als sie es gerade betraten um die Sitzung zu eröffnen: An dem Geländer des ersten Stockes starrte eine Gestalt auf die eingetretenen hinab. Mit verbundenen Augen, Armen, die mit Seilen an die Veranda befestigt sind und einer klaffenden, ausgebluteten Wunde an der linken Schläfe hängte der gekreuzigte Mann mit baumelnden Beinen seelenruhig in der schwülen Luft.. es war niemand geringeres als Arnwald Recht. Auch wenn der Schock tief in unseren Knochen saß, hatten wir keine Zeit für Trauer. Wenn wir wissen wollten, wer und warum ihn ermordet hatte, mussten wir schnell handeln und den Tatort untersuchen. Klar war, dass die Tür ins Rathaus verschlossen war, was darauf hindeutete dass der Mörder einen Schlüssel gehabt haben muss. Danach hingen wir Arnwald Recht von der Veranda ab. Der Medikus untersuchte seine Leiche, und schloss auf ein Schädeltrauma und dadurch entstandene Hirnblutungen als Todesursache.. der Mörder schlug ihm auf die linke Schläfe mit einem massiven, stumpfen, fünfeckigen Gegenstand. Er musste nicht lange leiden, da der Schlag ihn wohl auf der Stelle getötet hatte. Das Arbeitszimmer von Arnwald Recht wurde auch auf den Kopf gestellt. Überall am Boden lagen allerlei Blätter und Dokumente wild durcheinander.. auf dem Schreibtisch stand eine Glaskaraffe mit Wasser, zwei Gläsern, eines davon verschüttet.. und darunter, im Eichenholz des Tisches eingetrocknet, Blutspritzer. Arnwald Recht wurde also in seinem Arbeitszimmer erschlagen.. sein Mörder war wohl auf Besuch da.

Der verschlossene Tresor in dem Zimmer blieb vorerst verschlossen, eine vierstellige Zahl musste eingetippt werden die auf Anhieb keiner wusste. Noch bevor wir uns groß mehr an dem Fall beteiligen konnten, wies Beauperie uns in die Schranken: Immerhin wäre dies nun ein Mordfall und damit Zuständigkeit der Garnison. Aus Angst vor einer erneuten Eskalation waren wir gezwungen, den Tatort zu verlassen und in die Priorei zurückzukehren. Es dauerte auch nicht lange, bis uns die nächste Hiobsbotschaft ereilte.. Es war Mayer in seinem Ureinwohner-Aufzug! Panisch berichtete er uns, wie die Garde alle 3 Kultisten des lebenden Gottes wegen Mordes festgenommen hatte, und damit auch Geheimagent Meier! Gardeführer Beauperie fand am Tatort das bronzene Zepter einer der Kultisten, welches er als Mordwaffe interpretierte! Wir alle wussten, dass Meier niemals zugelassen hätte, dass diese gotteslästerlichen Männer die Hand an einen Bürger legen würde.. und mussten schmerzlich zur Kenntnis nehmen, dass diese Frevler damit unschuldig sein mussten. Meier würde unschuldig von den ahnungslosen Gardisten gefoltert werden, und wenn der Fall nicht bald aufgeklärt werden würde, entweder seine Tarnung auffliegen lassen oder seinen Kopf verlieren! Beides konnten wir nicht zulassen!

So standen wir Solaner also da, in unserer heiligen Priorei, und waren gezwungen, Kultisten vor dem Strick zu bewahren indem wir einen Mordfall lösen, mit einer Garde die uns genauso Schlingen um unsere Hälser legen wollte. Ab dem Tag war ich mir sicher, dass der Götterplan eine Prise Humor beinhaltete. Und fragte mich, wer sich das alles ausgedacht hat. Deyn sei Dank nahmen nicht alle Gardisten Beauperies Befehle ernst, so konnten wir uns den Tatort ohne Konsequenzen erneut ansehen und mit ihnen austauschen. Sie fanden Stroh am Tatort, welches sie damit in Verbindung brachten, dass der Täter vorher bei Stallungen oder auf dem Feld gewesen sein muss, sowie eine seltsam verformte, metallische Apparatur am Boden. Der verschlossene Tresor? Immer noch kein Hinweis, welche Zahl ihn öffnen kann. Da.. dämmerte es mir langsam. Ich erinnerte mich. Wochen vor Arnwalds Mord bekam ich die undankbare Aufgabe, das Taufregister auf den neuesten Stand zu bringen. Glücklicherweise kam mir Arnwald direkt entgegen, den ich genauso aufnahm. Taufjahr, das Alter bei der Taufe, und wo der Bürger getauft wurde.. eine kurze Diskussion darüber, was wohl Das Höchste Recht des Menschen sein könnte später war er auch wieder verschwunden gewesen. Ich stellte mich vor den Tresor, gab die Jahreszahl ein.. und er öffnete sich. In diesem Moment übermannte mich für einen kurzen Moment die Trauer, doch verschloss ich sie sofort wieder in das Innerste meiner Seele um mir den Inhalt anzusehen: Sie enthielt seinen Schlüssel, Geldanlagen, Briefe von Martynas Litwer.. und eine Übersetzung der heiligen Schrift in Tasperin!

Spätestens jetzt wurde uns klar, dass Martynas und Arnwalt mehr gemein hatten als nur Studienfreunde zu sein. Bei Deyn, Arnwalt war nicht einmal sein richtiger Name, wie wir durch die Briefe lernten: Sein echter Name war Jeffrey Gietzel, Mönch des Domenicaner Ordens. Er sollte die Schriften auf Tasperin übersetzen, und Martynas auf Sorridianisch.. sie hatten die Vision, die Worte des Herren für jeden verständlich zu machen. Deshalb waren sie nach Neu-Corethon gekommen, um in diesem Exil ihr Werk vollenden zu können.. Martynas gestand schließlich alles. Obwohl er uns mehrmals angelogen hatte, entschieden wir uns als Orden, die Übersetzungen und auch Martynas zu unterstützen. Als wir die sorridianische Übersetzung sehen wollten, berichtete Martynas dass Jeffrey sie vor seinem Tod ausgeliehen hatte - und Geheimbotschaften in ihnen vermutete, die er entschlüsseln und dem Stadtrat zeigen wollte. Da die sorridianische Übersetzung nirgendswo gefunden wurde, war das Motiv schlussendlich glasklar geworden: Jeffrey wurde ermordet, damit diese uralten Geheimnisse nicht zu Tage gefördert werden können!

Doch womit hatte er diese Geheimnisse entschlüsselt? Eine Befragung des örtlichen Schmiedes, Spat Tharim, ergab, dass Arnwalt vor seinem Tode die Fertigung eines Magnus Skytale\'s in Auftrag gab.. und auf Aushändigung bestätigte der Schmied die seltsame, verbeulte Apparatur im Arbeitszimmer als jene, welche kryptische Botschaften ver- und entschlüsseln kann. Doch damit nicht genug: Auch ließ er fünf Richterhämmer für seine engsten Klienten anfertigen, die er ihnen für ihre Treue als Geschenk überreichte.. die Hammerköpfe wiesen dabei jeweils fünfeckige Formen auf. Ein fünfeckiger Gegenstand war es, der Jeffrey getötet hat: Einer seiner eigenen Kunden musste der Mörder sein!

Doch auf Neu-Corethon gab es zu dem Zeitpunkt nur 4 Personen, die einen solchen Richterhammer besaßen: Raphael Bonnington, Heinrich Fuchsbach, Balek Revendor und Gloria von Drachenberg. Der fünfte, unbekannte Klient war der Mörder. Schlussendlich.. war es ein Verdacht des Gardisten Swen Stahlhammer, einer der größten Frevler die die Garde jemals vorgebracht hat, der den Verdacht schlussendlich auf jemanden lenkte, mit dem keiner gerechnet hätte. Die verdächtige Person verhielt sich während der ganzen Ermittlung laut ihm bereits sonderbar; die voreilige Festnahme der Kultisten, als auch das ignorieren sämtlicher gefundener, logischer Beweise.. und als ob das noch nicht reicht, fand er auch noch die sorridianische Übersetzung in seinem Büro, als er dort heimlich eindrang! Als ich seinen Namen hörte, wurde mir speiübel. Mein Bauchgefühl.. es wusste es die ganze Zeit schon über. Ich, Raphael und Swen stürmten sogleich das Zimmer des Gardeführers. Die ganzen Anschuldigungen schoss er wahnhaft in den Wind, er befahl Swen Stahlhammer, uns festzunehmen: Ich stürmte gerade nach vorne, wollte ihn erneut mit beiden Armen zu Boden ringen und bewusstlos schlagen, wie ich es schon vor der ganzen Katastrophe tat: Doch grinste er nur selbstgefällig und zog 2 Steinschlosspistolen unter dem Tisch hervor. Keiner rührte mehr auch nur einen Finger, als der wahre Mörder, Haytham Beauperie, hämisch lachte.

Er gestand alles. Ohne zu zögern. Auch meinte er, dass er bereue, nicht auch noch den Abtpräses gemeuchelt zu haben. Sein Ziel war es einzig und allein, den Orden zu vernichten. Als Gardeführer hatte er natürlich den Schlüssel, um sich zum Ratsgebäude Zutritt zu verlangen.. dort wollte er sein Testament abholen, dass er bei Jeffrey aufsetzen ließ. Zufällig präsentierte dieser ihm dann die Übersetzung.. und das, was er mit dem Magnus Skytale entziffert hat. Als Dank überreichte Jeffrey ihm den Richterhammer.. mit dem Haytham ihn fatal getroffen hatte. Er nahm das Testament, den Hammer und die Übersetzung mit, dabei verwüstete er das ganze Arbeitszimmer, platzierte das Zepter der Kultisten unter dem Schreibtisch und hängte Jeffrey's Leichnam am Geländer auf. Als Gardeführer hatte er Stroh von den Stallungen der Garnison an seinen Schuhen, die er am Tatort hinterließ, und glücklicherweise wusste er auch die Kombination für den Tresor nicht. Fast hätte er es geschafft.. doch unsere Schicksale waren stärker und weitreichender als das seine. Ob Haytham wahrhaft von Anfang an ein wahnsinniger Mörder war, oder ob es die entzifferten Nachrichten waren und deren Tragweite, die ihn zu dieser Person machten, kann wohl niemand mehr sagen. Was wir aber wussten, waren seine letzten Worte: Dass er gesehen hat, was kommen wird, und der Tod ein gnädigeres Schicksal darstellt. Mit einer Steinschlosspistole richtete er sich selbst.. mit der anderen, richtete er mich.
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#9
*Griesgrämig und gierig stöbert Paladin Einhart Habinger in einer Holztruhe herum. Dort drinnen befinden sich nichts anderes als die Gegenstände seines "verstorbenen", ehemaligen Protektors, Paladin Franz Gerber. Es sind nun schon einige Jahre seit dem schicksalshaften Tag vergangen, den ganz Athalon zu vergessen schien, doch die Habgier blieb. Genau an jenem Tag verschwand er spurlos, seine Ordensmitglieder speisten ihn mit kryptischen Erklärungen wie "Er ist jetzt bei Deyn", oder "Er erfüllte seine Pflicht" ab. Was sollte dieser Blödsinn? Welches Wissen haben sie, das sie von ihm und Leibecht um jeden Preis verstecken müssen? Plötzlich.. hielt er einen von diversen Brandzeichen gezeichneten, ledernen Einband, gefüllt mit vergilbten, trockenen Seiten in der Hand. Vorsichtiges blättern enthüllte schließlich, dass das seine Memoiren sein müssen! Die Antwort auf viele ungeklärte Fragen, würde er sie hier finden? Klar ist, dass es einiges an Aufwand sein wird, die Memoiren in eine leserliche Form zu bringen. Selbstverständlich muss Habinger seine Transkribierung vor seine Ordensmitgliedern verbergen, zumindest solange, bis er seine Arbeit fertig gestellt hat und sie damit konfrontieren kann. Paladin Habinger hatte keine Ahnung, dass er dabei war, den größten Fehler seines Lebens zu begehen.*

Vorwort - Paladin Einhart Habinger, Solaner Orden Neu-Corethon

An jene, die dies jemals lesen werden: Im Namen meines verstorbenen Ordensbruders, Franziskus Maximilian Gerber, transkribiere ich seine selbstverfassten Memoiren. Die Kapitel sind unverändert aus Gerbers persönlicher Sicht wiedergegeben worden. Diese Arbeit soll dem Zweck dienen, seine Memoiren wiederherzustellen, seine Erfahrungen im Kampf gegen das unheilige Mannsweib für das Wohl der Allgemeinheit und der Nachwelt aufzuzeichnen, auf das seine Siege, Niederlagen und sein Leiden weder in Vergessenheit geraten, noch fälschlich glorifiziert oder verteufelt werden. Mögen seine Erfahrungen dem erbitterten Kampf gegen Skrettjah zu Gute kommen. Preiset den gnädigen Schöpfer und Herrn Deyn Cador und den Obersten aller Heiligen, Sôlerben.

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Das höchste Recht - Grasmond 1343 - Teil II.

Überall war grelles, beruhigendes Licht. Ich fühlte mich in meiner Plattenrüstung sicher, geborgen, spürte die Last des Schicksals auf meinen Schultern nicht mehr, der Schmerz durch den Schuss war verschwunden. Die Stimmen in meinem Kopf ruhten, ich war seit langem endlich wieder bei klarem Verstand. Wir sprachen miteinander wie alte Freunde, die sich nach langer Zeit der Trennung erneut sahen, und das obwohl wir uns doch nur so flüchtig kannten. Er wusste, welcher Weg noch vor mir lag.. er gratulierte mir, und bemitleidete mich zugleich. Ich und Jeffrey trennten unsere Wege, mit dem Versprechen, uns eines Tages wiederzusehen.

Es dauerte einige Tage, bis ich mich von dem Schuss erholte. Der Plattenpanzer hat die größte Wucht abfangen können, es reichte aber dennoch, um mich viel Blut und das Bewusstsein verlieren zu lassen. Mit einem funktionstüchtigen Skytale hatten sich schließlich die klügsten Köpfe unseres Ordens, Abtpräses Dysmas Friedmann, Prior Raphael Bonnington und Priester Martynas Litwer an jene Entschlüsselung gesetzt, die Jeffrey letztendlich das Leben gekostet hatte. In der tasperiner Übersetzung der heiligen Schrift waren kryptische Orakelsprüche versteckt, die vage die nahe Zukunft voraussagten. Wer hat diese Weissagungen dort drin versteckt? Wieso haben die Evangelisten auch noch zugestimmt, diese in der heiligen Schrift zu verstecken? Und wieso beziehen sie sich alle samt nur auf Neu-Corethon? Fragen wie diese quälen mich jeden Tag, ob ich wohl je die Antwort darauf wissen werde? 


"Im Lande vom Tore des Schöpfer auserwählt."


Aus Gründen, die zu tief in das Gewebe unser aller Daseins eindringen, werde ich nicht erläutern, wieso der erste entschlüsselte Satz offenbarte, dass sich alle Orakelsprüche auf Neu-Corethon beziehen. Meine geschätzten Ordensbrüder, ich hüte das größte Geheimnis des deynistischen Glaubens. Wenn ihr die Wahrheit, unvorbereitet, in wenigen Sätzen liest werdet ihr an ihr zerbrechen. Ein weiterer Grund, weswegen meine Erzählungen langatmig und detaillreich sind, um euch auf eure deyngegebene Aufgabe möglichst schonend vorzubereiten. Habt Vertrauen.


"Der Stein aus Magie im Sand geruhte."


Relativ schnell wusste man, was damit gemeint ist: Bei einer Ordensexpedition auf der Insel Cabu wurde eine vergrabene Piratenkiste gefunden, in der eine okkulte, schwarzmagische Tafel festgekettet war. Da wir sie weder entschlüsseln konnten noch wussten, wie man sie unschädlich macht, haben wir sie in der Ordensgrotte unterhalb des Prioreisbergs weggesperrt, in der Hoffnung, dort würde sie keinen Schaden anrichten. Aber jetzt, wo sie in dem Orakelspruch genannt wurde, konnte keiner ihre Relevanz abstreiten. Hitzig wurde diskutiert, was mit dieser Tafel nun anzufangen sei, dort sprach Abtpräses Friedmann das Machtwort, dass die Tafel den Magiern der Schwarzwasserakademie zur Untersuchung gegeben werde. Diese Anordnung stoß auf heftigen Protest, auch auf meiner Seite, doch pochte Friedmann darauf, dass man die Magier nicht immer als ausgestoßene Ketzer behandeln könne: Er besinnte uns darauf, dass Solerben nicht nur die glühende Sonne ist, die alles Böse vergehen lässt, sondern auch die Sonne, die ihre warmen Strahlen auf alle gleich scheinen lässt, ungeachtet von Herkunft oder Glaube. Auch wenn ich damit nicht übereingestimmt habe, fügte ich mich seinem Befehl, so wie jeder pflichtbewusste Ordensritter es tun würde. Im Nachhinein muss ich zugeben, dass es die richtige Entscheidung war.


"Suche Der Kinder in Wasser Gewölben."


Nur mein herzensguter Prior Raphael Bonnington wusste, was mit dieser Offenbarung gemeint war. Sofort realisierte er, dass der Orakelspruch auf eine Grotte, tief unterhalb der Stadt Neu-Corethon hinweiste. Er sprach davon, dass diese Höhle einst als Versteck eines Kindermörders genutzt wurde, einem einbeinigen Magier namens Shivernus Lyseros. Dies sei aber schon Jahrzehnte her, und er war sich nicht mehr sicher, ob er den Eingang in diese Grotte noch finden würde. Sein gutes Erinnerungsvermögen war es zu verdanken, dass wir unterhalb des Hafens schließlich an einem tiefen, dunklen Loch ankamen, an welchem wir uns abseilen mussten um das ehemalige Versteck zu erreichen. Irgendwie seltsam, dass man aufgrund einer kryptischen Worte in einem alten Buch so weit geht, doch nach so vielen Jahren im Dienste gegen das Mannsweib hört man irgendwann auf, zu hinterfragen, und vertraut in seine Kameraden und dem Herrn ohne unnötige Fragen.

Unten angekommen fanden wir, neben einer tropfenden unterirdischen Höhle, die Unterkunft eines offensichtlich komplett Wahnsinnigen namens Dahl van Dorn. In den Wänden waren zusammenhangslose Wörter eingeritzt, wie "Dagon", "Leuchtturm" oder "Er wird kommen". Viel beunruhigender jedoch war diese groteske, albtraumhafte Maske die wir in dem Unterschlupf gefunden haben. Die Grotte schien zwar schon länger verlassen zu sein, dennoch riskierten wir nichts und nahmen die Maske mit uns - Ordensritterin Jule Weber wollte sie schon gar nicht mehr aus der Hand geben.


"Der Gold Mann vor tiefer Gewölben."


Dieser Satz traf mich direkt ins Herz, wusste ich doch haargenau, was damit gemeint war. Der goldene Mann, mein verräterischer Freund Vincent Viscount und die Höhle, in der seine eigene Habgier ihn zu einer Statue aus reinem Gold erstarren ließ. Wir besuchten ihn, tief unten in seinem Verließ.. sein Gesichtsausdruck spiegelte immer noch die gleiche Furcht vor seinem bevorstehenden Schicksal wieder. Bis Heute frage ich mich, was ich hätte tun können, um sein Schicksal zu ändern. Nichts desto trotz erkannten wir, dass hinter der Statue einige Ziegelsteine in der Wand hinter ihm lose waren und kurzer Hand brachten wir die Mauer zu Fall und einen Gang zu Tage, der noch tiefer in die Erde führt als wir ohne hin schon sind. Eine Schlucht kam zum Vorschein, an dessem Grunde ein bodenloser Ozean wartete - und sicherlich für jeden, der das Unglück hätte mit seiner Plattenrüstung hinein zu fallen, das ewige Grab bedeutete. Während wir uns mit dem Rücken zur Wand die Schlucht entlang kämpften, spürten wir alle ein periodisches Pochen, dass mit jedem Schritt lauter und intensiver wurde. Ein versiegelter Eingang konnte uns nicht lange aufhalten, denn unsere klugen Köpfe konnten das ungeheuerlich schwierige Schieberätsel lösen, das den Zutritt verwehrte. Ein klares Zeichen von Wahnsinn, etwas mit einem Schieberätsel versperren zu wollen..

Es dauerte nicht lange, bis wir den Eingang weiter folgten und schließlich auf etwas stießen, das jahrelang unter dieser Stadt gewuchert hat wie ein Krebs im Fleisch. Ein groteskes, giftblaues Bauwerk, dessen Präsenz einen jeden, der an solche Umstände nicht gewohnt war, sofort hätte übergeben und ohnmächtig werden lassen. Es war eine Art lebendiger Leuchtturm, der einen überwältigenden Gestank von verdorbenem Fisch in die Gesichter der Anwesenden wehte. Die Luft war schwül, salzig und roch nach Fäule - der Leuchtturm schimmerte im Halbdunkel bedrohlich vor sich hin. Und auf der Veranda erschien plötzlich ein Mann, den ich zu gut kannte. Er forderte die Phönixkrone von mir, starb durch meine Hände und kam durch Deyn's Gnade wieder auf diese Erde zurück, nur, um mich jetzt auszulachen. Die absolute Boshaftigkeit funkelte in seinen Augen, es war Wendelin Friedberg.


"Habe Das Augen Blut Gesicht."


Ich erkannte wohl erst, was mit diesem Satz gemeint war, als es bereits zu spät war. Sofort stürmten wir in die Grotte, Friedberg hinterher, als eine schwammige Gestalt mit Kiemen und Flossen auf übernatürliche Art und Weise durch die Luft quoll und Jule Weber umschloss, samt der Maske, die sie noch bei sich hatte. In hoher Geschwindigkeit segelte er mit ihr, nur schwarzen Rauch auf seiner Spur hinterlassend, durch die Lüfte, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Sämtliche Logik und Fähigkeit, groß über das Geschehene nachzudenken über Bord werfend sprintete ich weiter, es nützte nichts, einem Geist hinter her zu jagen der deine Kameraden entführt, so brutal es auch klingen mag. Doch all dies war Teil ihres diabolischen Plans, denn als ich kurz davor war, Friedberg zu schnappen, hatte er die Maske auf - schwebte in die Luft - und mutierte zu einer Ausgeburt Soahr's. Der unterirdische Leuchtturm begann plötzlich hell zu Leuchten, von der Decke schossen Fontänen an Wasser und die ganze Grotte bebte wie ein Schiff in stürmischem Gewässer. Ohne auch nur ein Wort zu sagen stürmten wir aus der Höhle heraus, und bis wir wieder an der Oberfläche waren wussten wir bereits, dass etwas gewaltig schief gelaufen ist.

Wer auch immer die Prophezeiungen in der Übersetzung der heiligen Schrift untergebracht hatte, hatte damit erreicht, dass wir etwas riefen, was im Grunde genommen niemand bekämpfen kann. Wurden wir tatsächlich verraten, waren diejenigen, die uns auf diesen Pfad führten tatsächlich Sympathisanten der schwarzen Ziege, Anbeter der unheiligen Skrettjah? Viel Zeit, zu überlegen blieb uns nicht, denn als wir am Hafen standen erkannten wir bereits, wie sich meterhohe Wellen türmten. Etwas.. bewegte sich. Etwas tauchte auf. Eine Gestalt, drei mal so groß wie der Prioreisberg, die dunklen Sturmwolken am Himmel mit dem tenatekligen, grünen Kopf streifend, stampfte seinen Weg Richtung Land. Es ähnelte nur von der Struktur her einer humanoiden Gestalt, doch meterdicker Seetang hing von ihrem Körper herab, ihre vier Arme mit Krallen so groß Schiffe griffen gierig nach unserer Stadt. Als man in die feuerroten, toten Augen der Kreatur blickte verfiel halb Neu-Corethon in den Wahnsinn. Diejenigen, die halbwegs bei Verstand blieben, konnten sich noch gegen die sternartigen, giftgrünen Gezüchte wehren die die Stadt überfluteten, die Übrigen waren leichte Beute.


"Das Ende ist nicht Fern. Er kommt."


Der Schock saß mir so tief in den Knochen, dass auch ich einige Zeit brauchte, bis ich meine Umgebung wieder mit allen Sinnen korrekt wahrnehmen konnte. Protektorin Amelie de Broussard zog mich Richtung Priorei, erst als ich die bestimmenden Worte meines Abtpräses gehört habe, war ich geistig wieder funktionsfähig. Ich konnte noch mitbekommen, dass er meinte, die Magier hätten die Tafel als eine Art magisches Gefängnis entschlüsselt, dass sogar die mächtigsten Dämonen effektiv verschließen kann. Die noch dienstfähigen Soldaten der Garnison feuerten im nächtlichen Sturm mehrere Kanonenkugeln in die Bestie, und konnten uns so genug Zeit verschaffen, um die Magier aufzusuchen und nach der Funktionsweise der Tafel zu erkundigen: Man müsse drei Mal laut ihren Namen sagen und dann die Tafel in den Schlund der Kreatur werfen. Und wie? Die Antwort gefiel uns ganz und gar nicht, aber in Stunden solcher Not muss man Kompromisse schließen. Mit der gotteslästerlichen Wassermagie der Akademiker soll die O.S. Marina aus den Wellen hoch hinauf zu Dagons Maul getragen werden, von wo aus die Tafel geworfen werden kann. Dass dies mit magischen Mitteln ermöglicht werden soll, war noch das geringste Problem.

Und so kam es, dass wir auf den salzigen Wellen des leändischen Ozeans direkt auf den Dämon zusegelten. Dieser konnte unseres lächerlichen Versuches nur lachen, denn, als die Wellen uns tatsächlich bis kurz vor den Mund getragen haben, drei mal laut "Elisabeth" gerufen wurde und die Tafel auch in dem Schlund landete, passierte nur folgendes: Garnichts. Noch bevor ich über mein Versagen und die daraus resultierenden katastrophalen Folgen nachdenken konnte, Hat Dagon uns mit seinen Klauen in seinen Rachen geworfen. Und während ich seinem Hals herunter rutschte, fragte ich mich innerlich, wie es wohl ist von Magensaft bei lebendigem Leibe zersetzt zu werden, und ob dies tatsächlich das Schicksal ist, dass Deyn für mich vorherbestimmt hat. Aber wie so oft kam es völlig anders. Wir rafften uns auf und sahen vor uns das, was einst Wendelin Friedberg war. Er hielt die Tafel in der Hand, und verhinderte, dass sie in den Magen gelangen konnte. Verhöhnend sprach er über unseren kläglichen Versuch, den Dämon gefangen zu nehmen, bevor er in die Offensive über ging. Ich und Amelie preschten sofort nach vorne, der neue Waffenbruder Friedrich Ziethen beschoss ihn aus der Ferne. Die mitgekommenen Magier bereiteten ihre Zauber vor, und Raphael grub sich in Magenschleimhaut ein und beschwor den Zorn Sôlerbens herauf. Aber bevor wir Wendelin noch erreichten, stellte sich uns jemand in den Weg - Jule Weber. Sie hatte eines dieser Sternengezüchte auf dem Kopf, war offensichtlich nicht bei Sinnen und attackierte uns! Wenige Sekunden danach erhoben mehrere Personen ihre Waffen gegen uns, die ihnen zum Opfer gefallen sind. Ich zog ihren Zorn auf mich, so dass sie sich auf mich konzentrierten, während ich Minute für Minute ihre Schläge einsteckte aber sie nicht verletzt habe, da ich die Hoffnung nicht aufgab, sie aus ihrer Misere erlösen zu können.

Die Magier hatten Schwierigkeiten gegen den Stahl der Besessenen anzukommen, und Amelie kämpfte nun fast schon alleine gegen Wendelin, da befreite ich mich aus meiner defensiven Haltung und mit ihr gemeinsam gelang es uns schlussendlich, Wendelin samt der Tafel in den Magen zu stoßen. Dabei rief Amelie noch korrekterweise vorher drei Mal laut "DAGON!", und nur wenige Sekunden danach stellte sich unsere Welt auf den Kopf. Ein riesiger Sog bildete sich um uns herum, quetschte den gigantischen Körper von Dagon in die okkulte Tafel hinein; der Vorgang war so energieintensiv, dass die Tafel im Meer stecken blieb und sämtliche Wärme der Insel und des umgebenden Ozeans für sich beanspruchte und so das Meer unter unseren Füßen einfrieren ließ. So fanden wir uns, von dem Magen eines Dämons, nun mit den Füßen auf gefrorenem Eis wieder. Beruhigende Stille kehrte ein, während der Schnee sich auf dem Boden begann niederzulegen. Wieder einmal stand Neu-Corethon kurz vor seiner endgültigen Vernichtung, und wieder einmal hat diese Stadt sich glücklich schätzen können, unter Deyn's schützender Hand zu stehen.

Die Evangelisten haben mit ihren versteckten Prophezeiungen also zwar die ganzen Ereignisse rund um den Dämon Dagon, ein Diener Soahr's, erst in Gang gesetzt, aber auch auf die Mittel verwiesen wie man die Katastrophe in letzter Minute verhindern kann. Die Frage, weshalb jemand so etwas tun würde, bleibt unbeantwortet. Kein Diener Deyns würde einen so in die Falle locken, aber auch kein Diener Skrettjah's dir die Mittel zeigen, wie man Dagon endgültig versperren kann. Ich erkläre es mir so, dass das ganze Ereignis dazu gedient hat, mich und meinen Orden erneut auf die Probe zu stellen. Der Herr bereitet uns mit diesen Schrecken definitiv auf eine größere Aufgabe vor, so viel steht fest. Die Zeit wird zeigen, welche dies sein wird - und ob wir seinen Erwartungen gerecht werden können.
 
Im Buch Deprocreationibus, Kapitel 20, Vers 16: "Am Ende aber siegt der, der vertraut!"

*Als er hört, dass seine Ordensbrüder nach Hause kommen, schließt Habinger seine Transkribierung und versteckt sie vor deren Augen.  Was er gelesen hatte, wusste er ja schon bereits.. vielleicht dauert es einfach, bis er zu der ganzen Wahrheit kommt. Ob er etwas aus diesem Kapitel von Franz' Geschichte lernen kann?*
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*Paladin Einhart Habinger, wie er leibt und lebt, nutzt die Stunden der Ruhezeit um heimlich wieder an den Memoiren von Franz zu arbeiten. Seltsam findet er jedoch, wo er sie gefunden hatte - nicht etwa in seiner Truhe mit seinen Habseligkeiten, nein, rein zufällig bei einem Streifengang Richtung Marmoria. Staubig, trocken und verbrannt lag es im warmen Sand - der Einband war kaum leserlich. Wie zum Henker ist es bloß da hingekommen..?*


Vorwort - Paladin Franziskus Maximilian Gerber, Solaner Orden Neu-Corethon

Bevor ich dieses Kapitel anschlage, möchte ich noch auf etwas eingehen, dass ich in den vorherigen Kapiteln ungenügend beschrieben Habe. Die Auferstehung meines Priors, Raphael Bonnington, kam nicht ohne Konsequenz. Raphael behauptete, an jenem Tag ein Schweigegelübde abgelegt zu haben. Ihr, meine Ordensritter, solltet jedoch die Wahrheit wissen: Raphael hatte seine Stimme verloren, als Bestrafung für meine Inkompetenz und Untätigkeit an jenem schicksalshaften Tage. Viele Monate danach jedoch erlang er seine Stimme wieder, während ich die Meine verlor. Die Antwort, wie das zu Stande kam ließ ich stets unbeantwortet, doch es wird Zeit dass ich meine Geheimnisse mit euch teile um euch auf das vorzubereiten, was kommen wird. Ich tat nichts anderes, als mit dem Heiligen Sôlerben höchstpersönlich zu verhandeln! Ich forderte meine Stimme im Gegenzug für die von Raphael. Doch für meine Dreistigkeit wurde ich auch bestraft, denn durch diesen Handel wurde meine Haut für immer fürchterlichst versengt, entstellt, auf dass sie niemals heilen möge. Sôlerben machte mir so klar, dass ein jeder Mensch verbrennen wird, der sich der Sonne zu stark nähert.

Wie ich, der einfache Franz, dies geschafft habe werde ich in einem späteren Kapitel näher erläutern. Ich rate euch aber tunlichst davon ab, es mir nachzumachen: Ihr solltet nicht nur aus meinem Niedergeschriebenen lernen, was ihr tun sollt, sondern auch was ihr auf keinen Fall tun solltet! Schmettert, was ich euch hier beschreibe, nicht als Wahnvorstellung oder Manie ab, denn damit würdet ihr euch weigern, mich und damit die Wahrheit anzuerkennen. Seid offen für die unfassbare Macht der Götter, und der Ehrlichkeit eures Mitstreiters und dem Glaube an die Menschheit!

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Schatten über Melissengespenst - Lenzmond 1345

Wir Solaner auf Neu-Corethon haben in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erregt. Nicht nur auf der Insel, ihren Bewohnern oder den Dämonen die wir bezwungen haben, sondern auch jenseits des leändischen Ozeans wurden viele wachsame Augen auf die Ereignisse, die sich hier abgespielt haben, geworfen. Der Decrapia-Skandal rund um Freibaron Alexander von Zahern, Raphaels Theorie, dass die Sonne sich im Mittelpunkt unseres Sternsystems befindet, der Einbruch in die Schwarzwasserakademie, der mit den sieben Kelchen zusammenhing und schließlich den sagenumwobenen Stein der Weisen zugegen brachte, die Einmischung in die geheimen Pläne der Agenten Meier & Mayer und natürlich die Publizierung der heiligen Schriften in allen Sprachen dieser Welt! Spätestens der letzte Punkt brachte das Fass zum Überlaufen. Wir konnten nicht länger in die Geschicke der Kircheninstitutionen reinpfuschen, ohne Rechenschaft abzulegen, immerhin haben wir auch stellvertretend für Zandig entschieden, die Übersetzung der heiligen Schriften zu unterstützen und uns damit gegen die ganze sorridianische Glaubensgemeinschaft gestellt. Das wird unsere Kollegschaft am Festland nicht unbedingt gut geheißen haben.. Ich hatte schon eine Vorahnung, dass der Tag der Abrechnung kommen würde.

Im Lenzmond kam schlussendlich ein Brief, mit dem Siegel des Erzdekan Michael Bonnington aus Asmaeth. Der Inhalt war wenig überraschend. Aufgrund der Tatsache, dass Raphael der Bruder von Michael ist, wurde auf den Erzdekan immens Druck ausgeübt - immerhin hatte dieser ihn nach der Rebellion auf Neu-Corethon pardoniert, zur silvanischen Konfession gezwungen und als Prior des Solaner Ordens wieder eingesetzt, und das obwohl der Orden den tasperinischen Gouverneur Liam von Mainruth damals nicht unterstützt hatte. Die Erwartungen waren deshalb hoch, und dass erneut soviel Aufruhr um Raphael Bonnington und seinen Orden entstand machte uns jenseits des Ozeans sicherlich keine Freunde. Deswegen mussten wir, auf Befehl, so rasch wie möglich nach Asmaeth kommen und bei Erzdekan Michael Bonnington Rechenschaft ablegen, wir hätten ja selber ein Ordensschiff mit dem wir segeln können. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, beunruhigt gewesen zu sein - im Gegenteil! Ich war noch nie in Weidtland, geschweige denn Großalbion, und meinen Bruder könnte ich dann hautnah erleben, als persönliches Schutzschild des Erzdekans!

Wir ankerten schließlich in der beeindruckenden Hauptstadt Weidtland's, dem Regierungssitz der ambitionierten und geschickten Königin Elsbeth I. Ob sie wohl je erfahren hat, unter welchen katastrophalen, grausamen und verabscheungswürdigen Umständen sie geboren wurde? Vielleicht war es ihre schwere Geburt, die sie zu so einer außergewöhnlichen Person hat werden lassen - aber dazu mehr in einem späteren Kapitel des Götterplans. Nachdem Raphael sich mit der undurchsichtbaren Bürokratie der Weidtländer beschäftigt hat (Aufenthaltsgrund, Dauer, Ankergebühr, Stadtbetregungsgebühr, Stadtbleiberechtsgebühr - Gnade einem Deyn!) und Jule als auch Friedrich im örtlichen Marktplatz die Chance nutzten, um ausgelassen exotische Gegenstände zu erwerben, fanden wir uns im Büro des Erzdekans wieder - jedoch, zu unserer Enttäuschung, war weder er noch mein Bruder zugegen. Ein junger Priester speiste uns ab, meinte, wir wären zu spät, denn der Erzdekan und sein Leibwächter wären nach Rodstedt gereist, die Heimatstätte Raphael's und Ursprung der Bonningtons. Sie bewirtschaften dort ein wohlhabendes Weingut, dass der älteste Bonnington-Sohn, Uriel, übernommen hat. Selbstverständlich ließen wir uns davon nicht abhalten, im Gegenteil: Sogleich wurde Reiseproviant erworben und sich zu einer Wanderung nach Rodstedt aufgemacht.

Nur wenige Stunden, nachdem wir den Marsch durch das milde weidtländische Klima angetreten hatten, meinte Ordensritter Salvyro Notfink, er wolle uns mit etwas Flötenmusik erheitern. Er spielte die Flöte leidenschaftlich - zu leidenschaftlich, denn Raphael und Friedrich schliefen plötzlich ein! Geschockt und wutentbrannt zugleich fühlte ich es in meinem Bauch - schädliche Magie war am Werk! Wutentbrannt schnappte ich mir Salvyros Flöte, und noch bevor ich ihren schädlichen Einfluss mit meinen Händen auch nur spüren konnte zerbrach ich sie entzwei und trampelte auf den Resten herum. Verdattert erklärte Salvyro mir, dass er das Instrument damals noch von Vincent Viscount erworben hatte. Oh, ich zweifelte an Salvyro. Aber nicht an seiner Rechtschaffenheit, sondern an seinem gesunden Menschenverstand.

Schließlich, gegen Nachmittag, kam die nüchterne Enttäuschung: Die Straße, welcher wir folgten, wurde durch einen abgeholzten Berghang unter sich begraben und machte den Weg Richtung Rodstedt unpassierbar. Wir suchten nach einem Umweg, und entdeckten schließlich einen Trampelpfad, der sich durch die Mischwälder der Lage, dem großen Fluss Weidtland's, schlängelte - der Weg führte offenbar zu dem berühmt-berüchtigten Kloster Melissengespenst! Die Geburtsstätte des flüssigen Seelenheils, Klosterfrau Melissengespenst, und Lehrstätte von Raphael in seiner Jugendzeit. Während wir dem Weg folgten, erzählte er nostalgisch von seiner wunderschönen Zeit dort - und wie das Kloster von einem seiner Vorfahren, Balthasar Bonnington, erbaut wurde, nachdem dieser in der nahe gelegenen Elspethgrotte eine göttliche Vision erhalten habe, das Kloster zu errichten. Viele mögen daran zweifeln, doch ich tat das keine Sekunde lang, im Gegenteil: Heute weiß ich, dass der Herr einen bedeutsamen Grund dazu hatte, das Kloster errichten zu lassen. Die Bonningtons hatten schon immer ihre Rollen im Götterplan zu spielen, und das keine Kleinen. Es dauerte nur leider nicht mehr lange, bis die allgemeine Erheiterung in Misstrauen und Alarmbereitschaft mündete.

Wir entdeckten, im schlammigen Pfade, einen außergewöhnlichen Fußabdruck - tiefe Rillen, wie eine dreizackige Forke, jede "Zinke" etwa 20 Zentimeter lang, ergänzt durch eine Art kurzer "Stachel" in der Mitte. Und als ich diesen Abdruck sah, fuhr die allmächtige Erleuchtung in mich - ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits genug unheilige Schriften gelesen und Monster geschlachtet, um solche Spuren nicht als das entblößen zu können, was sie waren: Die Spur einer fürchterlichen, hinterhältigen Kreatur Sahaet's, die ahnungslose Wanderer in dunklen Nächten auf ihren langen Schwingen in den ewigen Nachthimmel davon tragen, direkt in den verdammungswürdigen Schlund Skrettjah's. Nichts desto trotz setzten wir unseren Marsch fort, und während ein sanfter Nieselregen einsetzte, erkannten wir im faserigen Nebel die Konturen verschiedener Gebäude. Etwa ein Dutzend einfache Lehm- oder Fachwerkshäuser heimischer Bauern, die meisten einstöckig, viele mit Scheunen und Stallungen zu einem Hof angeordnet. Die Häuser sahen gut gepflegt aus, doch der Schein trügte - es herrschte eine mörderische Stille in dem kleinen Dorf. Viele der Häuser waren von innen verriegelt, doch fast immer wurden die Türe oder die Fensterläden mit brachialer Gewalt aus den Angeln gerissen, teilweise fand man im Lehmverputz erneut diese tief eingegrabenen Rillen. An einer Stelle zog sich getrocknetes Blut in einer Lache quer über den Fußboden, oberhalb des Fensters an der Hauswand weiter und verlor sich erst am Dach! Wir suchten in dem einzigen Steingebäude, das wohl dem aufsehenden Vogt gehören musste, Unterkunft - und waren zu unserer Überraschung nicht alleine.

Als ich die Holzstiegen in das Obergeschoß betrat, stürzte sogleich ein wahnsinniger Knecht mit einer Axt auf mich los, geistesgegenwärtig wie ich war konnte ich den jungen Burschen aber rechtzeitig entwaffnen ohne ihn schwer dabei zu verletzen. Sein Hemd war zerrissen und blutig, die Augen aufgerissen, der Geist sichtbar gebrochen. Er konnte sich beruhigen, wurde durch unsere Hilfe verarztet und murmelte dabei irgendetwas von "flatternden Schatten", die in der Nacht kamen um die Dorfbewohner zu holen - und mit ihnen im Nachthimmel verschwanden. Die Nacht brach herein, und aufgrund der Notwendigkeit verbarrikadierten wir das Gebäude und fanden dort Ruhe; zumindest solange, bis wir selber dieses Flattern hörten, wie von ledrigen Schwingen. Das Geräusch umkreiste uns, entfernte sich oder kam mal wieder näher, bis ein lieblicher Gesang sämtliche andere Geräusche erstummen ließ. Durch ein Fenster sahen wir, durch die Nebelschwaden hindurch, in der Weite ein Feuer, was auch schnell als die Quelle des Gesangs ausgemacht wurde. Wer, bei Skrettjah, würde in dieser Nacht am Lagerfeuer singen, nach dem unheiligen Massaker, dass in diesem Weiler vor sich ging? Das ganze roch nach einer Falle der Dämonenschar, weswegen nach einer erhitzten Diskussion entschieden wurde, die Sicherheit des Steingebäudes nicht aufzugeben. Tatsächlich verstummte der Gesang nach einigen Stunden, und wir fanden unseren Schlaf. Wir sollten aber, als wir am nächsten Morgen dort am Lagerfeuer nach dem Rechten sahen, unsere feige Entscheidung noch bereuen.

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Denn dort am Feuer saß mit klebrigen und nassen Haaren, frierend in einem Wollmantel zusammengekauert, ein kleines Mädchen, nicht älter als 5 Jahre. Wir sprachen sie an, untersuchten sie, heizten das Feuer an um ihr warm zu machen, doch nichts konnte das eiserne Schweigen des jungen Mädchens brechen - nicht einmal Raphael Bonningtons warmer Grinser. Es war Amelie, die schließlich noch etwas seltsames an ihr feststellte, als sie das Mädchen trockenrieb und versorgte - ein okkultes Symbol in Form einer Narbe, die vor langer Zeit in ihre linke Schulter eingeritzt worden sein musste. Das Mädchen schien in einer nahe gelegenen, von dem nächtlichen Überfall gezeichneten Hütte zu leben, in denen feinste Frauenkleider nicht wirklich in das Bild der abgeranzten Scheune passten. Der wahnsinnige Knecht war es, der den Verschlag als Behausung der Kräuterfrau Fronika und ihrer Tochter Magdalena offenbarten; jenem Mädchen, das uns mit großen Augen anschaute. Plötzlich alarmierte uns der Anblick von 3 Gestalten, die auf Eseln in das Dorf geritten kamen. Auf unsere Hilferufe reagierend, ritten sie auf uns zu - und an den Kutten erkannten wir Gottesdiener natürlich sofort, dass es Mönche aus dem nahe gelegenen Kloster Melissengespenst sein müssen! Der Anführer, ein blonder, großer Mann namens Arnulf erklärte, dass sich die Dorfbewohner schon am gestrigen Sonntag im Kloster zum beten hätten einfinden sollen, doch niemand gekommen sei. In der Nacht hätte man seltsame Geräusche aus dem dunklen Himmel gehört, da hat Abt Gottfried beschlossen nach dem Rechten sehen zu lassen. Die anderen Beiden, offensichtlich Novizen, waren Michael - zurückhaltend und schüchtern, und Andres, ein höchstens 16 jähriger Junge, ein wissbegieriger und aufgeschlossener Bursche. Als wir sie auf unseren Wissensstand brachten, stand ihnen der Horror direkt ins Gesicht geschrieben. Manchmal vergisst man, dass vor allem auf dem Festland selten jemals Zeuge von Magie, geschweige denn Dämonen oder Schwarzmagier wurde. Nachdem sie sich gesammelt hatten, luden sie uns in das Kloster ein, dort würde man sich um das Mädchen und dem wahnsinnigen Knecht kümmern. Aufgrund fehlender Alternativen und der Tatsache, dass Raphael uns unbedingt seine Jugendlehrstätte zeigen wollte, schritten wir Seite an Seite mit den Mönchen Richtung Kloster.

Der Klosterkomplex an sich bestand aus einer Gruppe von Gebäuden in altsorridianischen Baustil, in eine gerade Bergflanke gehauen. Die Basilika mit ihrem erhabenen Glockenturm sticht jedem Pilger sofort ins Auge, sobald er die schützende Bruchsteinmauer des Klosters passiert. Innerhalb der Mauern sah man Scheunen, in denen die Mönche ihre Gänse, Hühner, Rinder und Schweine bewirtschafteten, hier und da auch Ochsen, Esel und Ziegen. Als wir in das Kloster eintraten, schrie das kleine Mädchen plötzlich erbärmlich auf - Andres, auf Arnulfs Befehle hörend, nahm sie daraufhin in den Arm und brachte sie zu Mönch Gregor, der sich um sie kümmern solle. In seinem Arm jedoch wurde sie plötzlich ganz zahm. Kein Wunder, denn die Beiden wussten es nicht, doch sie waren tatsächlich Geschwister gewesen. Arnulf begleitete uns in die Pilgerherberge, auf den Weg dahin linsten wir nachdenklich zum Stall, denn dort stand ein Pferd mit dem Wappen der Riedländer. Spätere Recherchen brachten zu Tage, dass dies das Pferd eines Riedländer Ordensritters sei, der verletzt in das Kloster kam und wenige Tage nach seiner Unterbringung im Krankenbett verstorben ist. Der Herbergenleiter, Jakob, brachte uns auf unsere Zimmer, in denen wir gnädigerweise einige Tage ausharren konnten - natürlich brachten wir eine angemessene Spende, wie der Anstand es gebührt, für die Unterkunft entgegen. Schon in Kürze würden wir den Abpträses sprechen können, der uns in dem Kloster herumführen würde, bis dahin hat man uns mit Brot, Käse, Wurst und Bier versorgt.

Der Abt selber, Gottfried Heidenreich, schien auf dem ersten Blick ein wortgewandter, gepflegter Mann mit feinen Manieren zu sein. Wir brauchten aber nicht lange, um festzustellen, dass mit dem Abt definitiv etwas nicht stimmte - teilweise wurde sein warmer Blick glasig, er sprach mit sich selbst und war geistig völlig abwesend. Auf dem Rundgang führte er uns an der berühmt berüchtigten Elspethgrotte vorbei und meinte, dass jeder, der dort eine Nacht ohne Essen verbringe, seine Bestimmung erkennen würde. Ich dachte, keinen Bedarf dafür zu haben - doch nun erkenne ich, wie töricht es war, sie nicht früher herausgefunden zu haben. Nachdem wir das Kloster mit all seinen Gebäuden und Räumen erkundet haben, landeten wir in den Räumlichkeiten des Abtes, wo er uns gleich neugierig mit Fragen zu den Dorfbewohnern, dem Mädchen und dem wahnsinnigen Knecht löcherte. Er riet uns, einige Tage zu bleiben bis der Weg nach Rodstedt frei werden würde, um das Mädchen und dem Knecht würde man sich hier bestens kümmern. Ansonsten gewährte er uns Freigang, ermutigte uns Solaner dazu, das einfache Mönchsleben auszuprobieren und mit all seinen Vorzügen zu genießen. Wir ließen uns nicht lumpen, und konnten uns trotzdem genau so wenig unserer verbissenen Art, dem Verschwinden der Dorfbewohner nachzuforschen, erwehren. So liebenswert das Kloster und seine Mönche auch schienen, letzte Nacht war ein fürchterliches Massaker geschehen, das dringend Aufklärung benötigte. Und so nutzen wir den Tag, um uns mit den Bewohnern des Klosters auseinanderzusetzen, und stießen dabei auf so manch Fürchterliches.

Von einem jungen Skriptor, der perverse Zeichnungen zur Befriedigung der fleischlichen Gelüste anfertigte, über versoffene Herbergsleiter bis zu einem Medikusgehilfen, der wohl dem eigenen Geschlecht zugeneigt war - und dies waren noch die verzeihbarsten Sittenverluste, die in dem prestigeträchtigen Kloster Melissengespenst vor sich gingen. Seltsam.. wenn ich so darüber nachdenke, dass ich dem Medikusgehlifen, Karl, bei unserer ersten Begegnung für seine vermeintliche Homosexualität ins Gesicht schlug, man sich dann aber später in dem Schlachtfeld namens Szemäa erneut begegnete und unaufgefordert gegenseitig das Leben rettete - da frage ich mich, wie viel noch Götterplan und was reiner Zufall ist. Eine nachvollziehbare Verrohung der Mönchsgemeinschaft, bedenkt man, dass die Meisten sich nicht freiwillig diesem Leben widmeten, sondern entweder von ihren Eltern gezwungen wurden, vor dem Gesetz flüchteten oder aufgrund eines Bastardstatuses schlicht und ergreifend keine andere Lebensweise ohne Scham wählen konnten. Die Wenigsten schienen aus herzensguter Liebe zum Herren Deyn Cador hier zu sein. Viel erschreckender, jedoch, ist, dass Gerüchte besagten, dass der Abtpräses die Kräuterfrau Fronika aus dem attackierten Dorf oft im Kloster traf und dort mit ihr trank, vielleicht Unzucht mit ihr trieb. Auch wurde uns unter vorgehaltener Hand berichtet, dass der verstorbene Riedländer wohl seltsames Gut bei sich trug - einen langgezogenen Schädel, ohne Augen und dafür mit messerscharfen Reißzähnen, als auch einen längeren, hölzernen Gegenstand den man aber nicht identifizieren konnte. Der Mann hatte einige verheilte Schnittwunden, war aber stark abgemagert. Er schien auf dem Weg zur Besserung zu sein, als er am vierten Tag urplötzlich verstarb. Ein Mönch jedoch beobachtete das Ganze, und berichtete, dass der Abt den Riedländer in einem Streit erwürgte! Der sterbende Ordensritter verfluchte den Abt, sein eigen Fleisch und Blut soll ihn erschlagen - dann heimste der Abt seinen Besitz ein und machte sich rasch aus dem Staub. Bei Deyn, dieses Kloster war ein verdammungswürdiger Sündenpfuhl geworden, der es verdient hatte, von Grund und Boden gefegt zu werden! Und mein Wunsch sollte erhört werden.

Noch während wir auf der Suche nach dem Abt unsere Gedanken sortierten, die Motive hinter den Schandtaten von Heidenreich hinterfragten und nach dem roten Faden suchten, rannten wir einer Person über den Weg, über die in alle Ewigkeit Lieder der Lobpreisung gesungen werden sollten: Prior Hugo Feuerstein, ein alter Mann mit einem beträchtlichen, grauen Bart und narrenähnlicher Kappe auf dem Kopf. Während die Abenddämmerung über uns hereinbrach, flüsterte er uns zu, ihm in die Elspethgrotte zu folgen - er brauchte wohl dringend den Rat der Solaner Ordensritter. Jegliches Misstrauen, dass ihm entgegengebracht wurde stellte sich glücklicherweise als falsch heraus - Prior Feuerstein berichtete besorgt von den Missständen im Kloster, behauptete, der Abt sei von einer dunklen Macht besessen, und dass der Schädel des verstorbenen Riedländers damit etwas zu tun haben muss. Er bestätigte, dass der Abt tatsächlich Unzucht mit Fronika betrieb, und zwei Kinder mit ihr zeugte, eines davon der junge Mönch Andres, das andere das stumme Mädchen Magdalena. Auch schien er über die Schrecken Bescheid zu wissen, die die Dörfler entführten, genau wie ich - und ergänzte, dass sie nur in der Nacht auftauchen würden und jegliche Flammen in ihrer Nähe erlöschen lassen würden, als auch alles Vieh aufschrecken und in den Wahnsinn trieben würden. Fronika sei auch vor einigen Tagen in das Kloster gekommen, aber nie wieder gegangen, da vermutet er dass der Abt sie entweder irgendwo gefangen hält.. oder Schlimmeres. Auch meinte er, dass er hier in der Nähe der Elspethgrotte Selbstgespräche und Flötenspiel hörte, es schien von den Wänden, der heiligen Quelle selbst irgendwo zu kommen, doch konnte er keine Quelle ausmachen. Wir schworen Prior Hugo, den Abtpräses für seine Verbrechen gerade stehen zu lassen und mit ihm die Missstände nach und nach aufzuklären, als auch das Auftauchen der geflügelten Bestien zu erklären und sie zurück zu Skrettjah zu schicken. Das sollte uns auch schlussendlich gelingen, doch die Götter wissen, wie viel Blut dafür vergossen werden musste. Der blutige Höhepunkt war bald erreicht.

Als wir nach draußen traten, lag die Nacht bereits über dem Land. Das Vieh war unruhig, überall flatterten aufgebracht Hühner im Hof umher. Auf dem Dach des Claustrums hüpfte jemand, wahnsinnig lachend, von einem Bein auf das Andere, der irre Waffenknecht Rudger. Noch bevor wir versuchen konnte, ihn zu beruhigen oder herunterzuholen, packten ihn plötzlich zwei pechschwarze Klauen und verschwanden mit ihm im Nachthimmel, von Rudger hörte man nur noch Schreie in Pein und Qual.. bis sie gänzlich verstummten. In diesem Moment brach die Hölle über das Kloster herein. Die Bestrafung für die Sünden der Bewohner fiel ihnen auf den Kopf, überall waren Mönche und Laien die um ihr Leben rannten, beteten und flehten. Doch auch das heiligste Tier von allen drehte durch, ich sah, wie ein Laienbruder zu Boden stürzte und von dem Geflügel Augen und Zunge herausgerissen bekam! Ich drehte mich um, doch sah nur noch die flatternden Roben meines geliebten Priors - ich hatte mich in der Menge verloren, war auf mich allein gestellt. Danach spürte ich schon die unheiligen Klauen, wie sie sich um meine Brust schnallten und mich mit in die Höhe zogen; sie krochen in die Ritzen meiner Rüstung und KITZELTEN mich! Ich sah mein Ende schon gekommen, doch schaffte ich es tränenlachend, einige Meter über den Boden meinen Anderthalbhänder zu ziehen und das garstige Vieh zu treffen, da ließ es mich los und ich krachte harsch auf dem gepflasterten Boden auf. Langsam kämpfte ich mich wieder auf die Beine, besinnungslos torkelte ich umher, während ich sah wie die Dämonenschar Laie um Laie in den Himmel zogen, die Hühner ein Blutbad anrichteten und aus einigen Fenstern giftiger Rauch aufstieg. Orientierungslos schwang ich mein Schwert und kämpfte mich von Gang zu Gang, bis ich mich im Skriptorium wieder fand, wo ich den perversen Skriptor, Gutbrecht, unter seinem Tisch kauern sah. Ich packte ihn am Kragen und stürmte mit ihm über den Innenhof, mit dem Anderthalbhänder streckte ich alles nieder das uns in die Quere kam, bis ich ihn im gut verriegelbaren Braukeller verstecken konnte. Herbergsleiter Jakob und Braumeister Gunther waren auch hier - so wie Raphael, Amelie, Jule, Salvyro und Friedrich! Sie waren unverletzt und heilfroh, berichteten, das Zimmer des Abtes durchsucht zu haben und einen Geheimgang in eine Grotte gefunden zu haben, die sie als die wahre Elspethgrotte vermuteten. Dort fanden sie eine seltsam geschnitzte, okkulte Flöte, den stinkenden Leichnam der Kräuterfrau Fronika.. und auch den Leichnam des Abtes Gottfried Heidenreich!

Von dem Täter war keine Spur, doch das war momentan auch unwichtig. Dort draußen waren noch viele gute Mönche, die gerettet werden mussten - als auch das Mädchen Magdalena! Während wir lauthals diskutierten, wie wir alles Beenden, drang ein penetranter Klang durch das Kloster. Jemand schlug hilferufend die Glocke der Basilika an, und als wir nach draußen blickten, sahen wir wie die Heerschar der geflügelten Dämonen sich um den Glockenturm wand, wie ein schwarzer Mantel der sich ununterbrochen windete, krampfhaft versuchte, etwas zu erwischen doch nie nah genug heran käme. In dieser Heerschar flackerte traurig ein Licht, wir hörten wir eine männliche und weibliche Stimme, wie sie altsorridianische Verse laut vortrugen: Magdalena! Da die Wesen auf den Glockenturm konzentriert waren, war es uns ein Leichtes über den Hof zu rennen und diesen von innen zu betreten - dachten wir jedenfalls. Denn urplötzlich wurden wir von drei Wesen angegriffen, doch der Angriff währte nur kurz. Schallend lachend, tanzte der legendäre Prior Hugo Feuerstein, mit einem Kessel hellrot brennenden Feuers in unsere Richtung, schwenkte sein flüssiges Verderben auf die Bestien und ließ sie zu Staub zerfallen! Manisch erhob er die Stimme: "Ihr Dämonen der Ahnen, Schrecken aus der Hölle, ihr könnt mir nichts tun, denn ich gebiete allein über das Feuer der Sorridianer, jene Waffe, die schon die Esh'Ajen das Fürchten lehrte. Dagegen könnt ihr nichts ausrichten!" Der altehrwürdige Prior nahm es allein mit den Bestien auf - er steckte zwar dabei das ganze Kloster lichterloh in Flammen, dennoch hatte er sich mit dieser Darbietung für immer in unsere Herzen eingebrannt. Nur durch seine Hilfe schafften wir es bis zum Glockenturm, bestiegen ihn von innen nach oben und sahen den Novizen Andres und die junge Magdalena, wie sie gemeinsam aus der heiligen Schrift rezitierten, vor ihnen der unheilige Schädel des Riedländer Heinrich's. Andres gestand alles - dass er es war, der seinen Vater, den Abt, erschlagen hat nach dem er von seiner Zeugung erfuhr und den Leichnam seiner Mutter fand. Er behauptete, dass er mit dem Schädel diese Bestien gerufen habe um sie für immer zu verbannen, doch er schafft es einfach nicht! Der Schädel würde zu ihm sprechen, meinen, dass er mit seiner Hilfe alles abwenden könne, doch weiß er nur zu dass er lügt. Die Monster kreisten immer näher auf den Turm zu, drohten, ihn zum Einsturz zu bringen, da schoss es Raphael, wieso das Mädchen noch lebte und sie sich nicht Andres und Magdalena holten - ihre okkulte Narbe auf der Schulter war ein Schutzsymbol, dass sie zurückhalten muss! Deswegen war sie die einzige Überlebende aus dem Dorf!

Geistesgegenwärtig zückte Salvyro plötzlich die okkulte Flöte, die der Abtpräses von dem ermordeten Riedländer gestohlen hatte, und begann sie zu spielen. Ich wollte ihn davon abhalten, erinnerte ich mich doch an den Anfang unserer Reise, doch die Bestien blieben in der Luft stehen, sie verharrten; da donnerte Salvyro lauthals den Befehl, dass sie zurück in ihren Höllenschlund fahren sollen wo sie hergekommen waren! Ein Mark und Bein durchdringendes Flattern durchzog die Luft, der Wind peitschte uns um die Ohren als alle Biester auf einmal den Rückzug antraten - und dann waren sie fort. Salvyro hatte wieder eine böse Flöte gespielt, doch dieses Mal uns alle damit gerettet. Geblieben ist lediglich das brennende Kloster, die erbarmungswürdigen Leichen der friedfertigen Mönche und dieser verfluchte Schädel. Eindeutig von einem bösen Geist besessen, war es der Schädel welcher den Untergang über das Kloster hereinbrachte. Er muss den ohnehin schon sündhaften Abtpräses beeinflusst haben; dieser hatte, aufgrund des Fluches des Riedländers, das sein eigen Fleisch und Blut ihn erschlagen würde, soviel Angst, dass er die Bestien über das Dorf herfallen ließe um seine uneheliche Tochter, Magdalena, zu töten - ihre Mutter hatte er in der Elspehtgrotte bereits umgebracht, um das fürchterliche Geheimnis seiner Bastardkinder zu wahren. Jedoch rechnete er nicht mit dem Schutz, den ihre Mutter ihr schon vor langer Zeit in die Schulter hat einritzen lassen und auch nicht damit, dass es sein Sohn sein würde, der ihn schließlich zur Strecke bringt. Alles, was noch lebte und halbwegs bei Verstand war, löschte was gelöscht werden konnte, doch die meisten Gebäude waren zerstört. Abtpräses Hugo Feuerstein dankte uns für unser Mitwirken, bedauerte die ganzen Vorfälle und bat uns um einen letzten Gefallen: Wenn wir bei den Bonningtons in Rodstedt ankommen, um finanzielle Mittel zu fragen um das einstige fromme, wunderschöne Kloster Melissengespenst wiederaufbauen zu können. Wie konnten wir unserem Lebensretter diesen Wunsch ausschlagen?

Die Tage in Rodstedt waren wunderschön. Nachdem wir uns erklärt hatten und Michael als auch Werner den Schock überwundet hatten, dass Raphael seine Stimme wieder hatte und ich die meine verloren, als auch noch den Vorfall im Kloster erklärten, verbrachten wir die Tage auf einer freundschaftlichen, gar familiärer Basis. Wir tranken Wein, tauschten Geschichten aus, wanderten in den Weinfeldern umher und erholten uns von unseren Strapazen. Wir genossen die Zeit, die man uns gab, denn sie würde für eine sehr, sehr lange Zeit die letzte Art von Erholung sein die wir jemals empfinden würden. Damals hielt ich den Erzdekan noch für einen ehrbaren Mann, der auch einiges an Bodenständigkeit besaß. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nichts von seinen bereits begangenen, unmenschlichen Verbrechen, und wie er uns alle nach Strich und Faden belogen hat, sogar seinen eigenen Bruder. Auch erzählte er, Hals über Kopf mit den Vorbereitungen für die Expedition nach Corethon beschäftigt zu sein, denn er will die Überreste seines guten Freundes Jannes Starkwetter bergen - jene Insel wird er schlussendlich nie mehr verlassen. Mit Werner habe ich auf unsere Eltern getrunken, auf Patrick, und dass unsere Linie niemals aussterben möge. Wir hatten Sahaet besiegt, und ließen uns ausgelassen dafür feiern, bevor wir den weiten Weg zurück nach Neu-Corethon antreten würden. Das sorridianische Feuer, dessen Rezeptur Hugo uns als Dank mitgab, würde uns auch in Zukunft eine nützliche Waffe im Kampf gegen Skrettjah's Heerschar sein. Auch wenn nun alles vorbei war, musste ich erkennen, dass auch dieser Aufenthalt eine Prüfung des Herren gewesen sein muss. Ab diesem Tag kam mir das erste Mal der Gedanke, ob es denn wirklich gerecht sei, dass allein für meine Prüfung stets so viele Menschen ihres Leben beraubt werden, eine Frage, die ich mir in Zukunft noch öfter stellen würde.


*Habinger hält sich die Hand vor den Mund - was schreibt Franz da? Weiß er etwas von dem Ableben des Erzdekans? Hat er ihn vielleicht gar selbst.. nein! Franz war sein Vorbild, ein wahrer Solaner. Niemals würde er Hand gegen den Klerus anlegen. Aber dennoch war nicht jeder Zweifel Habinger's bereinigt, was auch der Grund ist, wieso er mit der Wiederherstellung der Memoiren nicht aufhören kann..*
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